Rz. 34

Besteht bei dem Insolvenzgericht, dem Gutachter oder dem vorläufigen Insolvenzverwalter der Verdacht, dass der Insolvenzschuldner seine Auskunfts- und Mitwirkungspflicht im Eröffnungsverfahren nach § 20 InsO verletzt, können Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Insolvenzmasse angeordnet werden.[19]

[19] Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ist bereits eine Sicherungsmaßnahme nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 1 HS

a) Vorläufige Postsperre

 

Rz. 35

So kann unter anderem die Postsperre nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 als vorläufige Maßnahme angeordnet werden. In diesem Fall kommen die §§ 99,101 Abs. 1 S. 1 InsO entsprechend zur Anwendung. Der vorläufige Insolvenzverwalter kann daher die Post[20] öffnen und lesen. Von dem Begriff Post werden sämtliche normalen Postsendungen sowie Telefaxe umfasst. Soll sich die Postsperre auch auf E-Mail-Schreiben beziehen, so bedarf es einer ausdrücklichen Anordnung.[21] Die Postsperre bezieht sich einzig und alleine auf Postsendungen an den Insolvenzschuldner. Post, die andere Angehörige betrifft, darf vom vorläufigen Insolvenzverwalter nicht geöffnet werden. Diese ist an in den jeweiligen Empfänger auszuhändigen. (§§ 21 Abs. 2 Nr. 4, 99 Abs. 2 S. 2 InsO)

[20] Ausgenommen die Verteidigerpost BVerfG NJW 2001, 745 [746] u. Fn 20.
[21] FachanwKomm/Sander, § 21 Rn 39.

b) Einstellung der Zwangsvollstreckung bewegliches Vermögen

 

Rz. 36

Eine weitere sehr sinnvolle Maßnahme zur Wahrung der Rechte der Gesamtgläubigerschaft ist die Anordnung der Einstellung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen. Erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens tritt die Rechtswirkung des § 89 InsO ein, der Zwangsvollstreckungen nach Verfahrenseröffnung für unzulässig erklärt. Auf Antrag des vorläufigen Insolvenzverwalters kann daher das Insolvenzgericht die Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen in das bewegliche Vermögen der Ist-Masse (zu diesem Begriff und Aus- und Absonderungen siehe Rn 55 ff. und 93 ff.) gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO anordnen.[22] Dieses Vollstreckungsverbot richtet sich auch gegen absonderungsberechtigte Gläubiger und hindert sogar die Herausgabevollstreckung der Aussonderungsberechtigten. Die Vollstreckungssperre erfasst jede Art der Zwangsvollstreckung, einschließlich der Vollstreckung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung gegen den Insolvenzschuldner.

[22] FK/Schmerbach, § 21 Rn 195.

c) Einstellung Zwangsvollstreckung unbewegliches Vermögen

 

Rz. 37

Der vorläufige Insolvenzverwalter kann auch die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nach § 30 Buchst. d Abs. 4 ZVG einstellen lassen. Dabei muss er glaubhaft machen, dass durch die Einstellung der Zwangsvollstreckung eine nachteilige Vermögenslage bei dem Insolvenzschuldner vermieden wird. Mit einer solchen Maßnahme kann u.a. das für eine Betriebsfortführung benötigte Grundstück im Eröffnungsverfahren gesichert werden. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass der durch die Einstellungsverfügung belastete Gläubiger nach § 30 Buchst. e Abs. 1 S. 2 Abs. 2 ZVG analog einen Anspruch gegenüber der Masse auf Wertausgleich und einen Zinsanspruch hat. Dieser Anspruch besteht aber nur, wenn der Gläubiger aufgrund seines Sicherungsrechtes generell eine tatsächliche Befriedigungschance hat.

Analog des § 30 Buchst. d Abs. 4 ZVG soll auch eine Einstellung eines laufenden Zwangsverwaltungsverfahrens möglich sein. Dies wird von der überwiegenden Meinung aber abgelehnt.[23]

[23] FK/Schmerbach, § 21 Rn 215 (überzeugend).

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