aa) Darstellung

 

Rz. 75

Der Eigentumsvorbehalt hat sich neben dem Sicherungseigentum zu einem der weit verbreitetsten Sicherungsmittel herausgestellt. In der Insolvenz des Sicherungsnehmers oder des Sicherungsgebers ergeben sich immer wieder Konstellationen, die zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien führen.

bb) Einfacher Eigentumsvorbehalt

 

Rz. 76

Bei dem einfachen Eigentumsvorbehalt[52] erfolgt die dingliche Übereignung nach § 929 S. 1 BGB unter der aufschiebenden Bedingung nach § 158 BGB, der vollständigen Zahlung des Kaufpreises aus einem Kaufvertrag, zur Absicherung des Verkäufers. Der Verkäufer der Sache bleibt in dieser Konstellation immer noch Eigentümer.

[52] FK/Imberger, § 47 Rn 19.

(1) Insolvenz des Verkäufers

 

Rz. 77

Eine Regelung in der Insolvenz des Verkäufers[53] findet sich versteckt in § 107 InsO. In der Insolvenz des Vorbehaltsverkäufers kann der Käufer nach § 107 Abs. 1 InsO die Erfüllung des Kaufvertrages verlangen und dadurch Volleigentum erwerben. Dafür muss er aber im Besitz der Sache sein. Durch diese Regelung wird es nämlich dem Insolvenzverwalter genommen, das Anwartrecht des Käufers durch eine Vertragsablehnung zunichte zu machen.

[53] FK/Imberger, § 47 Rn 27.

(2) Insolvenz des Käufers

 

Rz. 78

Im umgekehrten Fall steht bei der Insolvenz des Käufers[54] dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht nach § 103 InsO zu. Wählt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Kaufvertrages, so ist er nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO gezwungen, den Kaufpreis bzw. Restkaufpreis als Masseschuld zu zahlen. Er erwirbt dadurch Eigentum. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Kaufvertrages ab, so steht dem Vorbehaltsverkäufer ein Aussonderungsrecht zu, da er sein Eigentum nun geltend machen kann.

 

Rz. 79

Immer wieder taucht die Frage auf, wem das Nutzungsrecht an einem unter Eigentumsvorbehalt verkauften Gegenstand bis zur Erklärung des Insolvenzverwalters zusteht. § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO verpflichtet den vorläufigen Insolvenzverwalter und später den Insolvenzverwalter, den Geschäftsbetrieb des Insolvenzschuldners bis zum Berichtstermin fortzuführen. Aus diesem Rechtsgedanken leitet sich dann auch ab, dass bis zum Zeitpunkt der Erklärung über sein ihm zustehendes Wahlrecht die Nutzung des unter Eigentumsvorbehalt stehenden Gegenstandes der Masse zuzusprechen ist. Der vorläufige und der endgültige Insolvenzverwalter sind aber verpflichtet, das Wirtschaftsgut so zu nutzen, dass kein Werteverzehr an ihm eintritt.

 

Rz. 80

Immer wieder versuchen Vorbehaltslieferanten, nach Kenntnis der Insolvenz gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter ihren Rücktritt vom Vertrag nach § 449 Abs. 2 BGB zu erklären. Mit dieser Rücktrittserklärung wollen die Vorbehaltslieferanten die Rücklieferung erreichen, aufgrund der Ausübungssperre nach § 107 Abs. 2 InsO gilt analog § 112 Nr. 1 InsO. Dadurch wird dem Vorbehaltslieferanten das Rücktrittsrecht genommen. Die Interessenlage nach § 112 InsO ist mit der des Eigentumsvorbehaltes gleichzusetzen. Ist aber bereits vor Insolvenzantragstellung der Rücktritt erklärt worden, so besteht ein wirksames Aussonderungsrecht.

[54] FK/Imberger, § 47 Rn 25.

cc) Verlängerter Eigentumsvorbehalt

 

Rz. 81

Bei der Vereinbarung eines so genannten verlängerten Eigentumsvorbehaltes[55] ist es dem Vorbehaltskäufer gestattet, die erworbene Sache im Rahmen der ordnungsgemäßen Ausübung seines Geschäftsbetriebes weiter zu veräußern. Einhergehend tritt der Vorbehaltskäufer an den Vorbehaltsverkäufer seine Forderung aus seiner eigenen Weiterveräußerung an den Endkunden ab. In diesem Zusammenhang werden individualrechtlich Vorausabtretungsklauseln und Verarbeitungsklauseln vereinbart. Das Rechtsinstitut des verlängerten Eigentumsvorbehaltes ist mit einer Sicherungszession vergleichbar. Diese bereits zur Konkursordnung geltende Meinung hat nunmehr ihren Niederschlag in § 51 Nr. 1 InsO gefunden. Aufgrund dieser Tatsache steht dem Vorbehaltsverkäufer in der Insolvenz des Vorbehaltskäufers nur ein Absonderungsrecht zu.

[55] FachanwKomm/Homann, § 51 Rn 17.

dd) Erweiterter Eigentumsvorbehalt

 

Rz. 82

Erweiterte Eigentumsvorbehalte[56] kommen in der Praxis insbesondere in der Form des Kontokorrentvorbehaltesvor. Die vollständige dingliche Übertragung des Eigentums hängt von der Tatsache ab, dass über die konkrete offene Kaufpreisforderung aus dem Rechtsgeschäft weitere Forderungen des Vorbehaltsverkäufers aus seiner Geschäftsbeziehung mit dem Vorbehaltskäufer hinzutreten. Erst wenn alle Forderungen ausgeglichen sind, erwirbt der Vorbehaltskäufer Volleigentum. Der Konzernvorbehalt, der teilweise noch in Altverträgen/AGBs vorkommt, hat aber bereits seit dem 1.1.1999 durch die Änderung des § 455 Abs. 2 BGB sein Ende gefunden. Dies ist in der rechtlichen Beratung zu beachten.

Vielfach finden sich noch unter dem "Stichwort" Konzernvorbehalt tatsächlich Vereinbarungen eines Kontokorrentvorbehaltes, der sich nur auf die tatsächliche Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Vertragsparteien bezieht.

[56] FachanwKomm/Homann, § 51 Rn 6.

ee) Nachgeschalteter/weitergeleiteter Eigentumsvorbehalt

 

Rz. 83

In diesem Falle[57] legt der Vorbehaltskäufer seinem eigenen Endkunden den ihn betreffenden Eigentumsvorbehalt offen. In seiner vertraglichen Abrede überträgt dann d...

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