Rz. 41

Ein weiteres Aufgabenfeld in der Beratung von Mandanten ist die Anmeldung von Forderungen zur Insolvenztabelle (§ 174 InsO). Dazu ist als Erstes eine Bestimmung der anzumeldenden Forderung vorzunehmen. Dabei ist abzugrenzen, ob es sich bei dem Mandanten um einen Insolvenz-, Aus-, Ab- oder Massegläubiger handelt.

1. Insolvenzgläubiger

 

Rz. 42

Am Verfahren können nur Insolvenzgläubiger oder, sofern das Insolvenzgericht zur Anmeldung nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger aufgefordert hat, auch diese teilnehmen. Nach der Definition des § 38 InsO ist ein Insolvenzgläubiger ein persönlicher Gläubiger, der einen vermögensrechtlichen Anspruch gegen den Insolvenzschuldner hat.

2. Nachrangiger Insolvenzgläubiger

 

Rz. 43

Eine ausführliche Aufzählung enthält § 39 Abs. 1 InsO. Zu diesen Forderungen zählen u.a. Zinsen nach Eröffnung des Verfahrens. Hat das Insolvenzgericht nicht nach § 174 Abs. 3 InsO zur Anmeldung aufgefordert, so ist eine entsprechende Anmeldung unzulässig.

Bitte beachten Sie, dass Zinsen bis zur Eröffnung des Verfahrens klassische Insolvenzforderungen sind. Daher ist eine taggenaue Abgrenzung und Berechnung bei der Anmeldung vorzunehmen.

3. Anmeldefrist

 

Rz. 44

Im Eröffnungsbeschluss werden die Insolvenzgläubiger aufgefordert innerhalb der dort genannten Frist ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird dem Insolvenzverwalter die Zustellung des Beschlusses an die Gläubiger nach § 8 Abs. 3 InsO übertragen. Die Übersendung des Beschlusses erfolgt meistens mit der Übersendung eines Formulars zur Forderungsanmeldung und einem entsprechenden Merkblatt. Dies geschieht zur Vereinfachung des Anmeldeverfahrens für die Gläubiger und stellt eine Zusatzleistung des Verwalters dar, zu der er gesetzlich nicht verpflichtet ist.

4. Anmeldeadressat

 

Rz. 45

Die Anmeldung der Forderung hat im Gegensatz zur Konkursordnung beim Insolvenzverwalter und nicht beim Insolvenzgericht zu erfolgen. Erst die ordnungsgemäße Anmeldung der Forderung hemmt die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB.[32]

 

Hinweis

Wird die Forderungsanmeldung versehentlich bei Gericht vorgenommen, so wird das Gericht die Forderungsanmeldung an den Insolvenzverwalter weiterleiten. Erst mit Eingang bei diesem tritt die Hemmung der Verjährung ein. Leitet das Gericht die Anmeldung nicht weiter oder gibt es diese an den Anmeldenden nicht wieder zurück, kann dies zu erheblichen Problemen für den Anmeldenden führen. Tritt in diesem Zeitpunkt Verjährung der anzumeldenden Forderung ein und hat dies der beauftragte Anwalt zu vertreten, kann ein Regressfall vorliegen.

[32] FK/Kießner, § 174 Rn 49.

5. Schriftformerfordernis

 

Rz. 46

Nach § 174 Abs. 1 S. 1 InsO haben die Anmeldungen in Schriftform und ich deutscher Sprache[33] (§ 184 GVG) zu erfolgen.[34] Inhaltlich muss die Anmeldung alle Informationen und Beweismittel beinhalten, die es dem Insolvenzverwalter ermöglicht, die Forderung auf ihr Bestehen sowohl dem Rechtsgrund als der Höhe nach zu prüfen. Der Inhalt der Anmeldung ist mit einer schlüssigen Klage gleichzusetzen.[35] Zinsen sind bis zu dem Tag der Eröffnung des Verfahrens zu berechnen, Mahnkosten, Porto, Auslagen jeglicher Art sind durch Urkunden (Rechnungen, Belege etc.) zu beweisen.

 

Rz. 47

Eine Forderungsanmeldung per Telefax oder mittels E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur ist ausreichend. Die elektronische Forderungsanmeldung ist nunmehr in § 174 Abs. 4 InsO geregelt. Forderungsanmeldungen die eine unerlaubte Handlung betreffen, sind im Hinblick auf § 302 InsO ausdrücklich als solche zu bezeichnen.

 

Rz. 48

Wird eine Forderungsanmeldung durch einen Vertreter vorgenommen, so ist zwingend eine Vollmacht vorzulegen. Die Vollmacht muss zur Forderungsanmeldung berechtigen und darf nicht nur zur Vertretung im Verfahren oder im Berichtstermin berechtigen. Das Vorstehende gilt auch zum Nachweis der organschaftlichen Vertretung, die durch Übersendung eines Handelsregisterauszuges nachgewiesen werden sollte.

Entgegen der viel verbreitenden Ansicht ist das Fehlen einer Vollmacht eines Anwaltes von Amts wegen nicht durch den Verwalter zu berücksichtigen (§ 4 InsO, 88 Abs. 2 InsO), sondern erst auf Rüge. Werden die vorgenannten Formalien nicht eingehalten, so ist die Anmeldung zu bestreiten.

[33] Beachte aber Art. 42 Abs. 1 S. 1 EG-VO des Rates Nr. 1346/2000: Anmeldung in der Amtssprache des anmeldenden Gläubiger mit Sitz im Mitgliedsstaat, dann ist zwingende eine Übersetzung beizufügen.
[34] FK/Kießner, § 174 Rn 14.

6. Anmeldefrist

 

Rz. 49

Bei der durch das Gericht bestimmten Frist (§ 28 Abs. 1 S. 1 InsO) handelt es sich nicht um eine Ausschlussfrist. Nach Fristablauf kann der Gläubiger noch einen besonderen Prüfungstermin beantragen. Die anfallenden Kosten hat er aber zu tragen. Das Gericht kann auch zur Prüfung im schriftlichen Verfahren übergehen. (§ 177 Abs. 2 S. 1 InsO)

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