Rz. 11
Ohne zuverlässige Kenntnis über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten – und unter Umständen auch des Ehegatten und der zu Bedenkenden – ist eine sinnvolle Nachlassgestaltung nicht möglich.
Es soll Mandanten geben, die aus Eitelkeit einen zu großen oder aus Bescheidenheit einen zu kleinen Vermögenswert angeben. Häufig befürchten Mandanten, dass die Vergütung des beratenden Rechtsanwalts automatisch und proportional mit der Höhe des Vermögenswertes steigt. Dies ist in Zeiten der Vergütungsvereinbarungen zwar nicht zwangsläufig, aber aufgrund des bei größerem Vermögen regelmäßig komplexeren Regelungsbedarfs und des höheren Haftungsrisikos oft zutreffend. Es gilt also, den Mandanten die Notwendigkeit der zuverlässigen Informationen verständlich zu machen. Durch die frühzeitige Vereinbarung einer Pauschale oder einer vom Zeitaufwand abhängigen Vergütung kann eventuelles Misstrauen zudem gemindert werden.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse können in vier Kategorien geordnet werden:
1. |
Immobilienvermögen |
2. |
Unternehmensgebundenes Vermögen |
3. |
Bar-, Depot- und Fondsvermögen, Edelmetalle, Versicherungen |
4. |
Sonstiges (Schmuck, Gemälde, andere Sammlungen). |
Rz. 12
Hauptfälle des Immobilieneigentums sind die selbst genutzte Wohnimmobilie, die vermietete Eigentumswohnung, der Hof nach der Höfeordnung sowie das bewirtschaftete Miethaus. Es sind insbesondere die Eigentumssituation und Belastungen zu ermitteln. Oft ergeben sich selbst für die Mandanten Überraschungen, weshalb regelmäßig ein Grundbuchauszug einzuholen ist. Besondere Aufmerksamkeit ist erforderlich, wenn sich die Miteigentümer als Gesellschaft bürgerlichen Rechts darstellen. Es liegt dann kein immobilien-, sondern unternehmensgebundenes Vermögen vor. Schließlich offenbaren sich regelmäßig Beteiligungen der Mandanten selbst als Erbengemeinschaften. Es stellt sich dann die Frage, ob diese nicht besser aufgelöst werden sollten, um eventuelle Probleme durch weitere Erbfälle nicht zu vergrößern und sie nicht in die nächste Generation zu verschieben.
Rz. 13
Unternehmensgebundenes Vermögen kann sich in vielfältiger Form darstellen (vgl. § 18 Rdn 1 ff.), ob nun bei Einzelunternehmern, GmbH-Beteiligungen oder Beteiligungen an einem geschlossenen Immobilienfonds. Bei der Gestaltung muss von Beginn an das Gesellschaftsrecht beachtet werden. Eine sinnvolle Planung ist ohne Einsicht in die Gesellschaftsverträge etc. nicht möglich.
Bar- und Depotvermögen stellt regelmäßig das relativ geringste Problem dar. Es ist meist gut zu erfassen und im Erbfall leicht zu teilen. Allerdings verändert sich der Wert solchen Vermögens auch schneller, was etwa bei einer Teilungsanordnung oder Vermächtnissen zu beachten ist. Bei wertpapierlastiger Vermögensverteilung sollte die Möglichkeit eines Kursverfalls zwischen Erbfall und Verfügungsmöglichkeit der Erben bedacht werden.
Rz. 14
Ausländischem Vermögen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen (vgl. § 27 Rdn 1 ff.). Die Einbeziehung eines ortskundigen Kollegen ist zu erwägen. Spricht der Mandant in diesem – oder auch einem anderen – Zusammenhang steuerstrafrechtlich relevante Umstände an, wird die beste Lösung für die Nachlassgestaltung eine Regelung zu Lebzeiten des Erblassers sein. Auf eine Verjährung zu hoffen, ist insbesondere wegen der langen Festsetzungsfristen (u.U. zehn Jahre) und der Ablaufhemmung (§ 171 AO) riskant (vgl. hierzu auch § 25 Rdn 61–101). Der beratende Rechtsanwalt sollte dabei nie die eigene Gefährdung durch eine Mitwirkung an strafrechtlich relevanten Vorgängen vergessen.
Rz. 15
Insbesondere Lebensversicherungen spielen bei der Nachlassplanung eine erhebliche Rolle (vgl. § 21 Rdn 25–37). Die Auszahlung im Todesfall erfolgt regelmäßig an den im Vertrag genannten Begünstigten und fällt dann unter Umständen nicht in den Nachlass. Dies kann zu Vermögensverschiebungen beim Erbfall führen, deren sich viele Mandanten nicht bewusst sind, die aber zur Gestaltung auch gezielt genutzt werden können.
Rz. 16
Schließlich ist den Mandanten oft viel an einer bestimmten Verteilung von Schmuck oder Sammlungen gelegen. Selten handelt es sich um wirtschaftlich wirklich erhebliche Vermögensbestandteile, was den Mandanten teilweise nur schwer zu vermitteln sein kann. Bei einer Gemäldesammlung kann es aber sinnvoll sein, die einzelnen Werte sowie die Werte thematisch zusammengehörender Teilsammlungen zusammenzustellen, um sinnvolle Teilungsanordnungen bzw. Vorausvermächtnisse oder zumindest ein handhabbares Bewertungsverfahren festzulegen. Zur Vorbereitung einer Verteilungsregelung lohnt auch die Erfassung geringwertiger Gegenstände, damit später keine den Wert übersteigenden Kosten für ein Gutachten entstehen.
Rz. 17
Oft ergibt sich im Zusammenhang mit dem Erfassen des Vermögens die Notwendigkeit seiner Neuordnung oder Umschichtung. Einzelheiten werden unten behandelt (siehe Rdn 55–57). Schon anlässlich der Vereinbarung der Vergütung zu Beginn der Beratung sollte dies aber berücksichtigt werden, indem die einzelnen Maßnahmen gen...