Rz. 63
Die besten Regelungen sind die einfachen. Sie sind aber auch oft am schwierigsten zu entwerfen. Dies liegt nicht nur an der juristischen Umsetzung, sondern auch an der Vermittlung gegenüber dem Mandanten.
a) Quotenvermächtnis hinsichtlich des gesamten Nachlasswertes
Rz. 64
Selbstverständlich kann ein Vermächtnis in etwa wie folgt lauten: "Herr X erhält vermächtnisweise einen Anteil von 50 Prozent am Wert des Nachlasses." Diese Aufteilung zwischen Erben und Vermächtnisnehmer erscheint "gerecht".
Die "Grundformel" ist einfach zu fassen:
Muster 10.6: Quotenvermächtnis hinsichtlich des gesamten Nachlasswertes
Muster 10.6: Quotenvermächtnis hinsichtlich des gesamten Nachlasswertes
Herr/Frau _________________________ (Vorname Nachname), geborene/r _________________________ (Geburtsname), geboren am _________________________ (Datum), zurzeit wohnhaft _________________________ (Wohnadresse), erhält vermächtnisweise einen Geldbetrag in Höhe von 50 Prozent des Nachlasswertes.
Für den Alleinerben ergeben sich bei einem Quotenvermächtnis hinsichtlich des gesamten Nachlasses aber Probleme: Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche der Vermächtnisnehmer sowie Liquiditätsfragen. Kein Nachlass besteht ausschließlich aus Geld. Sollen die Vermächtnisnehmer aber am Wert des gesamten Nachlasses beteiligt werden, muss der Alleinerbe den Vermächtnisnehmern den anteiligen Wert in Geld ersetzen. Dafür kann er zur Wertermittlung verpflichtet sein (vgl. Rdn 79 f.), also etwa den Hausrat und den Pkw durch Sachverständige begutachten lassen müssen. Zudem wird regelmäßig dem Vermächtnisnehmer ein Auskunftsanspruch mit vermacht worden sein (vgl. Rdn 76–78). Er kann sonst seine Forderung nicht beziffern. Der Alleinerbe muss also mindestens ein detailliertes Nachlassverzeichnis erstellen.
Neben diesem Aufwand für den Alleinerben können Probleme bei der Auszahlung der Vermächtnisse entstehen. Insbesondere bei Immobilien im Nachlass reichen die Barmittel für einen Ausgleich oft nicht aus, so dass der Alleinerbe zu einem übereilten, meist unwirtschaftlichen Verkauf gezwungen sein kann.
b) Differenzierte Quotenvermächtnisse
Rz. 65
Soll daher von einem umfassenden Quotenvermächtnis abgesehen werden, sind folgende Überlegungen hilfreich: Für schwer zu bewertende und zu veräußernde Vermögenswerte – wie etwa Unternehmensbeteiligungen oder Gemäldesammlungen – sollten alternative Regelungen gesucht werden. Im Weiteren ist der zukünftige Nachlass zu betrachten: Statistisch soll sich ein Nachlass zu 42 % aus Geldvermögen, zu 39 % aus Grundvermögen, zu 2 % aus Lebensversicherungen und zu 18 % aus Gebrauchsvermögen zusammensetzen. Geldvermögen lässt sich relativ einfach verteilen. Auch für Grundvermögen kann eine Regelung gefunden werden (vgl. Rdn 95, 98). Lebensversicherungen sollten ohnehin gesondert berücksichtigt werden, haben einen relativ geringen Anteil am Nachlass und fallen oft gar nicht in diesen.
Rz. 66
Probleme bereitet eher das Gebrauchsvermögen. Der sog. Hausrat hat regelmäßig nur einen geringen Wert. Die Verwertung ist schwierig. Oft wird nicht der im Gutachten festgestellte Wert erzielt und Entsorgungskosten an anderer Stelle zehren Erlöse auf. Ein Pkw stellt meist das einzig werthaltige – und damit zu beachtende – Gebrauchsvermögen dar. Über im Einzelfall vorhandene wertvolle (Kunst-)Gegenstände sollte separat verfügt werden (Vorausvermächtnis). Dies gilt auch für den Pkw, der entweder ausdrücklich zum Gebrauchsvermögen hinzugezählt oder von ihm ausgenommen werden sollte.
Es ist daher regelmäßig sinnvoll, dem Alleinerben das Gebrauchsvermögen (weitgehend) zu belassen. Hierfür stehen zwei Wege zur Verfügung: Entweder das Gebrauchsvermögen wird detailliert definiert und von einem Quotenvermächtnis hinsichtlich des (sonst) gesamten Nachlasses ausgenommen oder es werden die sonstigen Vermögensgruppen (Geld- und Immobilienvermögen) detailliert definiert und zu alleinigen Gegenständen des Quotenvermächtnisses gemacht.
Eine positive Definition von Gebrauchsvermögen ist indes schwierig. Der sog. Hausrat mag noch umschrieben werden können – etwa als "Inventar der zum Zeitpunkt des Erbfalls bewohnten Wohnung, also alle Möbel, Küchen- und technische Geräte" oder "Gegenstände des Haushaltes, insbesondere das Mobiliar, technische Geräte, Hausrat und dergleichen". Für bewegliche Gegenstände aber, die sich zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht in der Wohnung befanden oder sonst zu Streit Anlass geben können, sollten gesonderte Anordnungen getroffen werden, also etwa dem Pkw, Fahrrad, Gartengerät, Sammlungen, Sparbücher, Bargeld, Hausrat in einer Ferienwohnung, persönliche Unterlagen wie Briefe, Versicherungsunterlagen etc.
Es spricht daher einiges dafür, die Vermächtnisgegenstände selbst zu definieren. Für den übrigen Nachlass tritt die Gesamtrechtsnachfolge zugunsten des Alleinerben ein. Besonderes Gebrauchsvermögen (Pkw, Sammlungen) sollten vorab zugewiesen oder bewusst...