Rz. 76
Die Vermächtnisnehmer können regelmäßig den Nachlassbestand nicht selbst ermitteln. Wird ihnen ein unbestimmter Vermögenswert zugewandt (etwa: "X Prozent von dem beim Erbfall vorhandenen Geldvermögen nach Abzug der Erbfallschulden und der Erblasserschulden"), können daher Auskunftsrechte als mitvermacht gelten. Weniger beim Bestand eines Girokontos als mehr bei Immobilien oder Edelmetallen kommen zudem Wertermittlungsansprüche in Betracht.
a) Auskunftsansprüche
Rz. 77
Ein Auskunftsanspruch des Vermächtnisnehmers wird anzunehmen sein.
Die Frage, ob der Erblasser ihn ausschließen kann, ist nach hiesiger Kenntnis noch nicht eingehend behandelt worden. Dafür spricht, dass der Vermächtnisnehmer auch gar nicht bedacht werden muss. Soweit er nicht pflichtteilsberechtigt ist, muss er sich mit dem begnügen, was er zugewiesen erhält. Dagegen spricht, dass der Vermächtnisnehmer dann keine Möglichkeit der Überprüfung hätte und sich vollständig auf den Alleinerben verlassen müsste. Dieser hätte es wiederum in der Hand – selbstverständlich bei Begehung eines (ihm wiederum aber regelmäßig nicht nachweisbaren) Rechtsverstoßes – den Umfang des Vermächtnisses festzulegen, was aufgrund der Bestimmungsbefugnis des Erblassers unzulässig wäre. Da der Alleinerbe schon den Vorteil der Verfügungsbefugnis hat, erscheint es auch nicht sinnvoll und notwendig, den ausgleichenden Auskunftsanspruch auszuschließen.
Bei einem Geldvermächtnis in der oben vorgeschlagenen Form ist der Aufwand für den Alleinerben sehr überschaubar. Er hat Auskunft insbesondere über die Kontostände und die Verbindlichkeiten zu geben. Bei einem umfassenden Quotenvermächtnis wird die Pflicht für den Alleinerben allerdings sehr umfangreich, wenn die zu § 260 BGB entwickelten Grundsätze herangezogen werden.
Da die Pflicht zur Auskunft grundsätzlich anerkannt wird, ist eine Klarstellung in der letztwilligen Verfügung nicht unbedingt notwendig. Wird die Pflicht im Sinne des § 260 BGB gesehen, wäre eine Belegvorlage (etwa: Kontoauszüge) nicht erforderlich. Um Streitigkeiten zu vermeiden, kann daher folgende Formulierung aufgenommen werden:
Rz. 78
Formulierungsbeispiel: Auskunftsrechte des Vermächtnisnehmers
Der Alleinerbe ist – soweit er nicht den Höchstbetrag auskehrt – gemäß § 260 BGB zur Auskunft über das Geldvermögen und die Erblasser- sowie Erbfallschulden verpflichtet und hat Belege in Kopie vorzulegen, soweit Belege erteilt zu werden pflegen (Kontoauszüge etc.).
b) Wertermittlungsansprüche
Rz. 79
Ob der Vermächtnisnehmer einen Anspruch auf Wertermittlung hat, wird bislang anscheinend wenig diskutiert. Aus den Ausführungen zum Auskunftsanspruch könnte gefolgert werden, dass auch Wertermittlungsansprüche mit vermacht sein können. Das Vermächtnis könnte sonst nicht adäquat beziffert werden. Im Einzelfall könnte sich aber – zumindest im Nachhinein – herausstellen, dass die Durchsetzung des Anspruches unangemessen war, da der ermittelte Wert unter den aufgewandten Kosten liegt.
Bei einem Geldvermächtnis spielen Wertermittlungsansprüche grundsätzlich keine Rolle. Ob es – etwa bei einem umfassenden Quotenvermächtnis – vom zukünftigen Erblasser ausgeschlossen werden kann, ist wiederum fraglich. Insgesamt zeigen die möglichen Probleme durch den Wertermittlungsanspruch Nachteile eines umfassenden Quotenvermächtnisses.
Im Zweifel sollte die Art und Weise der Wertermittlung genau geregelt werden (vgl. Rdn 99 f.).
c) Ausschluss der Auskunftsrechte durch Höchstbetrag
Rz. 80
Für den Alleinerben kann es eine Erleichterung sein, im Zweifel etwas mehr auszahlen, als es seine Pflicht wäre und sich dafür die Mühe und Kosten der Auskunft (und ggf. Wertermittlung) zu ersparen.
Daher können in den Formulierungsvorschlag für ein quotales Geldvermächtnis die Worte "… höchstens jedoch (…) EUR"eingefügt werden
Muster 10.13: Quotales Geldvermächtnis
Muster 10.13: Quotales Geldvermächtnis
I. Im Wege des Vermächtnisses erhält Herr/Frau _________________________ (Vorname Nachname), geborene/r _________________________ (Geburtsname), geboren am _________________________ (Datum), zur Zeit wohnhaft _________________________ (Wohnadresse), von meinem _________________________ Geldvermögen nach Abzug der Erblasserschulden und der Erbfallschulden einen Anteil von _________________________ Prozent, höchstens jedoch _________________________ EUR.
Der Alleinerbe kann also die Auskunft verweigern und schlicht den angegebenen Höchstbetrag auszahlen.
Der Betrag sollte etwas über dem zu erwartenden Auszahlungsbetrag bei der Quotenberechnung liegen, damit es grundsätzlich bei der gewünschten Quote bleibt. Problematisch sind wesentliche Wertveränderungen nach der Testamentserrichtung. Steigt das Geldvermögen unerwartet stark, profitiert im Zwe...