Rz. 58
Verträge zugunsten Dritter und Lebensversicherungen sind Möglichkeiten, Vermögen für die Zeit nach dem Tod einer bestimmten Person zuzuweisen, ohne dass es in den Nachlass fällt.
I. Vertrag zugunsten Dritter
Rz. 59
Der Vertrag zugunsten eines Dritten gemäß § 328 BGB wird bei der Nachlassgestaltung relevant, wenn die Leistung gemäß § 331 BGB auf nach dem Todesfall bestimmt wird. Oft schließt der zukünftige Erblasser einen Vertrag zugunsten eines Dritten mit einer Bank oder einer Versicherungsgesellschaft. Mit dem Tod des Erblassers entsteht ein unmittelbarer schuldrechtlicher Anspruch bei dem Begünstigten. Der Charme dieses Instrumentes für die Nachlassgestaltung, bei der sonst die Entstehung einer Erbengemeinschaft droht, ist, dass die Forderung gegen die Bank oder Versicherung nicht in den Nachlass fällt. Es kann also an einer Erbengemeinschaft "vorbei verfügt" werden.
Unbestimmt bleibt allerdings oft das Valutaverhältnis. Schenkte der Erblasser dem Dritten durch den Vertrag den Vermögensvorteil, kommen Pflichtteilsergänzungsansprüche in Betracht. Es könnte aber auch eine Ausstattung oder eine unter Umständen pflichtteilsfeste ehebezogene Zuwendung vorliegen.
Für den zukünftigen Erblasser bedeutet der Vertrag zugunsten eines Dritten auch, dass er Vermögen ausgliedern und in einer vorgegebenen Form (Geld) anlegen muss. Es stehen also nicht alle Vermögensgüter für eine solche Regelung zur Verfügung und der zukünftige Erblasser kann zumindest nicht mehr ohne weiteres über das Angelegte disponieren. Der Vertrag zugunsten Dritter kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn der zukünftige Erblasser über Geldvermögen verfügen möchte und dieses voraussichtlich nicht mehr selbst benötigt.
II. Lebensversicherung
Rz. 60
Bei einer Lebensversicherung (vgl. § 21 Rdn 24–37) ist genau zu differenzieren, da es eine Vielzahl unterschiedlicher Ausformungen gibt. Von den Mandanten sollten im Zweifel die Versicherungsunterlagen zur Einsicht erbeten werden, da die Mandanten den Inhalt oft nicht oder zumindest nicht umfassend und juristisch zutreffend wiedergeben können.
Hat der zukünftige Erblasser als Versicherungsnehmer keinen Bezugsberechtigten oder sich selbst oder "meine Erben" als Bezugsberechtigte genannt, fällt die Versicherungssumme in den Nachlass. Ein zur (teilweisen) Vermeidung der Erbengemeinschaft interessantes Gestaltungsmittel wird die Lebensversicherung, wenn der Versicherungsnehmer einen anderen Bezugsberechtigten benennt. Auf die Besonderheit von zur Kreditsicherung abgetretenen Lebensversicherungen soll hier nur hingewiesen werden.
Der zukünftige Erblasser kann also einen Lebensversicherungsvertrag abschließen, in dem er einen Dritten als Bezugsberechtigten bedenkt. Die Versicherungsleistung fällt nicht in den Nachlass und wird damit nicht Gegenstand einer Erbengemeinschaft. Im Gegensatz zum Vermächtnis ist der Begünstigte auch nicht auf die Mitwirkung der Erben bei der Erfüllung angewiesen. Er hat einen direkten Anspruch gegenüber der Versicherungsgesellschaft. Pflichtteilsrechtlich ist grundsätzlich der Verkaufswert der Versicherung in der juristischen Sekunde vor dem Ableben des Erblassers als Gegenstand einer Pflichtteilsergänzung relevant.
Aber auch bei der Lebensversicherung wird regelmäßig das rechtliche Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Begünstigten nicht ausdrücklich geklärt. Nach dem Erbfall geht das Recht des Versicherungsnehmers, die Begünstigungsbestimmung zu ändern, regelmäßig auf die Erben über. Grundsätzlich sollte ein Begünstigter daher von dem Vertrag wissen und über den Versicherungsschein verfügen, um nach dem Erbfall kurzfristig handeln und einem Widerruf der Erben zuvorkommen zu können.
Die Lebensversicherung eignet sich im Gegensatz zum Vertrag zugunsten Dritter besonders als Gestaltungsmittel, wenn der zukünftige Erblasser nicht einmalig einen bestimmten Betrag anlegen, sondern kontinuierliche Zahlungen leisten oder weitere Besonderheiten einer Lebensversicherung nutzen möchte.