I. Einleitung
1. Problemlage
Rz. 54
Möchte ein Mandant letztwillig mehrere Personen bedenken, kann ihm die Benennung mehrerer Erben vorgeschlagen werden. Die resultierende Erbengemeinschaft führt aber oft zu Schwierigkeiten. Die größten Probleme bereiten die Verwaltung und die Auseinandersetzung. Beides setzt ein Zusammenwirken der Erben voraus, was bei verschiedenen wirtschaftlichen Interessen und persönlichen Befindlichkeiten regelmäßig schwierig ist. Ein professioneller Testamentsvollstrecker kann helfen. Bei kleineren Vermögen werden aber mitunter die Kosten oder wird der Einblick in die persönlichen Angelegenheiten durch einen Außenstehenden gescheut. Ein sinnvoller Umgang mit der Erbengemeinschaft bei der Gestaltung letztwilliger Verfügungen kann daher die Vermeidung der Entstehung einer Erbengemeinschaft sein.
2. Lösungsansatz
Rz. 55
Ziel einer Beratung sollte eine klar strukturierte, praktikable Gestaltung sein. Sie wird erreicht, indem eine Person hervorgehoben wird, die im Zweifel alleine entscheiden kann, "den Hut auf hat".
Umgesetzt wird dies durch eine Differenzierung zwischen Erben und Vermächtnisnehmern: Es gibt einen Erben. Die anderen Bedachten erhalten Vermächtnisse. Eine solche Regelung ist grundsätzlich einfach, verlangt aber eine genaue Detailarbeit.
Bei dem Mandanten sind mitunter Vorbehalte abzubauen, da die Stellung eines Bedachten zwar nicht unbedingt wirtschaftlich aber formal hervorgehoben ist. Insbesondere bei mehreren zu bedenkenden Kindern möchten Eltern oft eines nicht gegenüber den anderen bevorzugen, sei es auch nur subjektiv. Die "Vermächtnislösung" eignet sich daher besonders, wenn mehrere Personen bedacht werden sollen, die nicht gleichrangig mit dem zukünftigen Erblasser verwandt sind, also bei Freunden oder entfernten Verwandten.
In einer Bestattungsverfügung sollte daneben die Person des Totenfürsorgeberechtigten festgelegt werden, da diese nicht mit dem Erben identisch sein muss (vgl. § 22). Eine separate Bestimmung ist insbesondere wichtig, wenn eine andere Person als der Erbe später als Totenfürsorgeberechtigter über die Bestattung bestimmen können soll.
Die Vermächtnislösung ist zudem günstig, wenn ein einfach gelagerter Nachlass (im wesentlichen Geldvermögen) zu erwarten ist, was im Folgenden erläutert wird.
II. Die Alleinerbeneinsetzung
1. Letztwillige Verfügung
Rz. 56
Die Einsetzung eines Alleinerben ist relativ unproblematisch.
Formulierungsbeispiel: Erbeinsetzung
Ich setze Herrn/Frau (…) (Vorname Nachname), geborene (…) (Geburtsname), geboren am (…) (Datum), zurzeit wohnhaft (…) (Wohnadresse), zu meinem alleinigen Vollerben meines gesamten Vermögens ein. D.h. mein Vermögen geht in das Vermögen des Erben über und vereinigt sich mit seinem Vermögen zu einer Vermögensmasse. Eine Nacherbfolge wünsche ich somit ausdrücklich nicht.
Rz. 57
Wird der Alleinerbe wirtschaftlich nicht besser gestellt als ein Vermächtnisnehmer, ist die Auslegungsregel des § 2087 BGB zu beachten. Sie kommt allerdings nur zum Zuge, wenn Zweifel an dem tatsächlichen Willen des Erblassers bestehen (§ 2084 BGB). Einem nach anwaltlicher Beratung erstellten oder einem notariellen Testament sollte anzusehen sein, dass die juristischen Begriffe mit Bedacht gewählt wurden und eine Auslegung entgegen dem Wortlaut daher nicht zulässig ist.
Im Zweifel kann eine Klarstellung in die letztwillige Verfügung aufgenommen werden.
Formulierungsbeispiel: Auslegungsausschluss hinsichtlich § 2087 BGB
Entgegen jeder gesetzlichen und richterlichen Auslegungsregel (insbesondere § 2087 BGB) soll der Bedachte unabhängig von dem ihm Zugewiesenen alleiniger Erbe sein.
2. Erläuterung für den Mandanten
Rz. 58
Für den Mandanten ist die Unterscheidung in Erben und Vermächtnisnehmer meist neu. Sie sehen zunächst eine Ungleichbehandlung der Bedachten. Um Unverständnis und Vorbehalten zu begegnen, sollten ihnen die Anordnung und deren Vorteile erläutert werden.
Formulierungsbeispiel: Erläuterung für den Mandanten zur Alleinerbenlösung
Sie möchten mehrere Personen bedenken. Nach dem beiliegenden Testamentsentwurf wird eine Person Ihr "Erbe", die anderen werden "Vermächtnisnehmer".
Die Begriffe "erben" und "vermachen" werden oft gleichgesetzt. Juristisch besteht zwischen ihnen aber ein erheblicher Unterschied.
Der Erbe wird Rec...