I. Einleitung
Rz. 97
Selbst mit der besten Gestaltung sind Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen unter den Miterben nie mit absoluter Sicherheit auszuschließen. Eine wichtige Voraussetzung zur Vermeidung von Konflikten ist eine möglichst nicht auslegungsbedürftige letztwillige Verfügung. Bei der Vorbereitung und Abwicklung der Auseinandersetzung kann den Miterben zudem ein Verfahren vorgegeben werden, um auch den Weg abzusichern, der zur Umsetzung der Regelungen führt. Die Miterben können etwa zu einer bestimmten Art und Weise der Bewertung von Gegenständen verpflichtet werden.
Für den Fall, dass ein Konflikt nicht zu vermeiden ist, sollte durch eine Schiedsklausel vorgesorgt werden, die eine Schiedsgerichtsbarkeit für Erbrecht vorschreibt.
II. Schiedsgutachten
1. Einleitung
Rz. 98
Insbesondere bei Bewertungsfragen sind die Vorgabe der Person des Sachverständigen sowie eine Klarstellung über die Kostentragungslast wichtig. Auseinandersetzungen unter Miterben dauern oft lange Zeit, da sich die Beteiligten über diese Vorfragen nicht einigen können.
Eine Vereinbarung über einen Schiedsgutachter kann auch noch nach dem Erbfall geschlossen werden. Ist aber eine Situation absehbar, in der eine Bewertung erfolgen muss, sollte der Weg in der letztwilligen Verfügung vorgegeben werden. Relevant sind regelmäßig Fälle, in denen einem oder mehreren Miterben ein Übernahmerecht für ein bestimmtes Objekt (Immobilie) eingeräumt oder eine "echte" Teilungsanordnung (mit Wertausgleich) angeordnet wurde.
2. Anordnung
Rz. 99
Die Schiedsgutachteranordnung in einem Testament könnte als Auflage, als (Teil eines) Vermächtnis(ses) zugunsten des in der Folge profitierenden Erben oder eigenes Gestaltungsmittel gesehen werden. Wichtig ist, im Einzelfall auf die Durchsetzbarkeit zu achten. Ideal ist regelmäßig die Kombination mit einer Testamentsvollstreckung.
Muster 10.20: Schiedsgutachteranordnung in letztwilliger Verfügung
Muster 10.20: Schiedsgutachteranordnung in letztwilliger Verfügung
I. |
Ich ordne an, dass die Bewertung der Immobilie _________________________ (Bezeichnung) endgültig und abschließend durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke geschehen soll. Das Ergebnis ist für die Bedachten verbindlich (ggf.: insbesondere für den zu zahlenden Wertausgleich). |
II. |
Der Sachverständige soll durch den Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V., Lindenstraße 76, 10969 Berlin, ausgewählt werden. |
III. |
Die Kosten für die Bewertung der Immobilie sind vom Nachlass zu tragen. |
Ein Sachverständigengutachten ist zwar nicht völlig unangreifbar. Soweit der Sachverständige aber lege artis gearbeitet hat, wird sein Gutachten regelmäßig Bewertungsgrundlage bleiben. Die Beteiligten können auf der Grundlage zumindest wirtschaftliche Risiken deutlich besser abschätzen.
III. Schiedsgerichtsbarkeit
1. Einleitung
Rz. 100
Für Streitigkeiten nach dem Erbfall unter den Miterben kann der Erblasser gemäß § 1066 ZPO ein Verfahren vor einem Schiedsgericht vorschreiben, durch welches die ordentlichen Gerichte weitgehend ausgeschlossen werden.
Ein Schiedsverfahren ist eine zeitsparende und kostengünstige Möglichkeit, welche – etwa bei der DSE (Deutsche Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten e.V., vgl. § 8 Rdn 97) – die Gewähr bietet, dass erbrechtlich versierte und erfahrene Juristen sich mit der Auseinandersetzung befassen. Da Spezialzuständigkeiten für Erbrecht bei den Gerichten selten sind, können sich Richter oft den besonderen erbrechtlichen Problemen nicht mit der eigentlich erforderlichen Intensität widmen, was für die Parteien zu unbefriedigenden Ergebnissen führen kann. Das Verfahren des Schiedsgerichts richtet sich nach der jeweiligen Schiedsordnung. Es ist regelmäßig einstufig und dadurch kostengünstiger als ein Rechtsstreit über zwei Instanzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist verbindlich.
2. Anordnung und Vereinbarung
Rz. 101
Eine Schiedsklausel sollte in jeder letztwilligen Verfügung standardmäßig aufgenommen werden.
Während vor relativ kurzer Zeit die Schiedsklausel noch als Auflage eingeordnet und formuliert wurde, wird sie heute als eigenes Gestaltungsmittel gesehen und gefasst.
Formulierungsbeispiel: Schiedsklausel im Testament
Wir ordnen an, dass alle Streitigkeiten, die durch unsere Erbfälle hervorgerufen werden, unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte der Deutschen Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten e.V. (www.DSE-Erbrecht.de) und ihrer jeweils gültigen Schiedsordnung unterworfen sind.
Auch in einem Erbvertrag kann eine Schiedsvereinbarung für die Zeit nach dem Erbfall getroffen werden.
Formulierungsbeispiel: Schiedsver...