Rz. 5
Die Grundlage jeder fachgerechten Nachlassgestaltung ist die Zusammenstellung der relevanten Informationen. Sie lassen sich in drei Bereiche aufteilen:
1. |
familiäre Situation |
2. |
wirtschaftliche Verhältnisse sowie |
3. |
bisherige Übertragungen, Vereinbarungen und letztwillige Verfügungen. |
Für eine Nachlassgestaltung, bei der mehrere Personen bedacht werden sollen, ist die Sachverhaltserforschung besonders wichtig, sind doch persönliche Verhältnisse etwa bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung und wirtschaftliche mit Blick auf Ausgleichungsanordnungen zu beachten.
1. Familiäre Verhältnisse
Rz. 6
Die familiären Verhältnisse zeigen den Rahmen auf, in dem eine Nachlassgestaltung erfolgen kann. Es werden Probleme (Pflichtteilsberechtigte) und Lösungsansätze (Minderung der Steuerlast durch Verteilung auf mehrere Personen/Generationen) offenbar. Der "vergessene" Pflichtteilsberechtigte oder die unbeachtete Unterhaltspflicht für einen früheren Ehegatten können das schönste Testament zur Makulatur werden lassen. Gerade im Regelfall des juristisch nicht vorgebildeten Mandanten ist genau und verständlich nachzufragen. Angesichts der teilweise praktisch nicht erfüllbaren Anforderungen, welche durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an Rechtsberater gestellt werden, sollte auf die Einsicht in die entsprechenden Unterlagen (Eheverträge, Scheidungsurteile, Adoptionsunterlagen etc.) grundsätzlich nicht verzichtet werden. Verweigert sich der Mandant, kann er selbstverständlich nicht gezwungen werden. Er ist jedoch ausführlich und schriftlich auf die möglichen Folgen hinzuweisen.
Rz. 7
Relevant ist für die Beratung die Herkunft des zu Beratenden, insbesondere mit Blick auf die Beziehung zu den Eltern und Geschwistern. Die Ehe ermöglicht das Testieren in der Form des gemeinschaftlichen Testaments. Der eheliche Güterstand verändert unter Umständen den gesetzlichen Erbteil des Ehegatten. Obgleich die Fragen des Güterstandes und anderer, ehevertraglich zu regelnder Rechtsverhältnisse systematisch zum dritten Punkt gehören (es werden keine Verwandtschaftsbeziehungen modifiziert, sondern vermögensrechtliche Aspekte geregelt), soll auch hier auf sie hingewiesen werden, da sie im Beratungsgespräch oft bei der Erörterung der familiären Verhältnisse angeschnitten werden. Abkömmlinge müssen schon aufgrund der Pflichtteilsansprüche beachtet werden. Minderjährige oder betreute potentielle Miterben und Pflichtteilsberechtigte bedürfen ebenso der besonderen Beachtung, wie Personen, bei denen sich aufgrund des Wohnsitzes oder der Staatsangehörigkeit Besonderheiten ergeben können.
Rz. 8
Schon bei der ersten Beratung sollten wesentliche Informationen eingeholt werden. Zu einer vollständigen Beratung gehört auch die Frage nach Grabstellen, bei denen der Mandant nutzungsberechtigt ist (vgl. § 22 Rdn 31–38). Für diese muss ggf. auch nach dem Ableben des Mandanten gesorgt werden, was diesem auch meist ein emotional wichtiges Anliegen ist.
Rz. 9
Checkliste: Fragen zu den familiären Verhältnissen
▪ |
Eigene Herkunft (eheliches, nicht eheliches oder adoptiertes Kind) |
▪ |
Familienstand (ledig, verheiratet, geschieden, verwitwet) |
▪ |
Ggf. Güterstand |
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Frühere Ehen |
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Kinder (eheliche, nicht eheliche, adoptierte), mit Altersangabe |
▪ |
Weitere Abkömmlinge (Enkel etc.), mit Altersangabe |
▪ |
Eltern, ggf. Großeltern |
▪ |
Geschwister |
▪ |
Gesetzliche Betreuung für einen oder mehreren der Genannten |
▪ |
Staatsangehörigkeit sowie gewöhnlicher Aufenthalt der Genannten |
▪ |
Entsprechende Informationen über den Ehegatten |
Spätestens im Nachgang zur Beratung sollten die einschlägigen Unterlagen erbeten werden.
Rz. 10
Checkliste: Unterlagen zu den familiären Verhältnissen
▪ |
Eheverträge |
▪ |
Scheidungsurteil, Trennungsvereinbarungen |
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Eigene Adoptionspapiere |
▪ |
Adoptionspapiere für angenommene Kinder |
2. Wirtschaftliche Verhältnisse
Rz. 11
Ohne zuverlässige Kenntnis über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten – und unter Umständen auch des Ehegatten und der zu Bedenkenden – ist eine sinnvolle Nachlassgestaltung nicht möglich.
Es soll Mandanten geben, die aus Eitelkeit einen zu großen oder aus Bescheidenheit einen zu kleinen Vermögenswert angeben. Häufig befürchten Mandanten, dass die Vergütung des beratenden Rechtsanwalts automatisch und proportional mit der Höhe des Vermögenswertes steigt. Dies ist in Zeiten der Vergütungsvereinbarungen zwar nicht zwangsläufig, aber aufgrund des bei größerem Vermögen regelmäßig komplexeren Regelungsbedarfs und des höheren Haftungsrisikos oft zutreffend. Es gilt also, den Mandanten die Notwendigkeit der zuverlässigen Informationen verständlich zu machen. Durch die frühzeitige Vereinbarung einer Pauschale oder einer vom Zeitaufwand abhängigen Vergütung kann eventuelles Misstrauen zudem gemindert werden.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse können in vier Kategorien geordnet werden:
1. |
Immobilienvermögen |
2. |
Unternehmensgebundenes Vermögen |
3. |
Bar-, Depot- und Fondsvermögen, Edelmetalle, Versicherungen |
4. |
Sonstiges (Schmuck, ... |