1. Einleitung
Rz. 61
Erben sind regelmäßig mit Quoten beteiligt. Veränderungen des Vermögens zu Lebzeiten des Erblassers setzen sich bei den Erben fort. Wird ein bestimmter Gegenstand oder Geldbetrag vermacht, ist dies nicht der Fall. Die Gestaltung ist entsprechend anzupassen.
Ebenfalls zu beachten sind die unterschiedlichen Informations- und Wertermittlungsmöglichkeiten von Erben und Vermächtnisnehmern. Erben können regelmäßig selbst nachforschen. Vermächtnisnehmer sind auf den Erben angewiesen, können ihn aber unter Umständen auch mit Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche "traktieren".
Im Folgenden soll es ausschließlich um diese besonderen Probleme gehen, die bei der hier vorgeschlagenen Lösung auftreten können. Für weitere Einzelheiten der Vermächtnisgestaltung einschließlich steuerlicher Fragen wird auf die einschlägige Spezialliteratur verwiesen. Interessant kann bei intakten, familiären Verhältnissen insbesondere die Lösung durch das so genannte "Supervermächtnis" sein. Dabei erbt der überlebende Ehegatte zwar alleine. Die Abkömmlinge erhalten aus steuerlichen Gründen Vermächtnisse. Deren Höhe und auch ihre Fälligkeit sind aber ganz weitgehend in das Belieben des erbenden Ehegatten gestellt.
2. Quotale Beteiligung des Vermächtnisnehmers
Rz. 62
Die zukünftigen Vermächtnisnehmer sollten an Veränderungen des Vermögens des Erblassers beteiligt werden. Daher sollten sie regelmäßig nicht auf starre Beträge verwiesen werden ("100.000 EUR"). Das Vermächtnis sollte aus einer Quote bestehen ("20 Prozent des Vermögens"), ein sog. Quotenvermächtnis sein. Wertsicherungsklauseln helfen hier nicht und werden zudem, da sie genehmigungspflichtig sein können, oft als zu aufwendig nicht gewünscht.
3. Gegenstand des Vermächtnisses
Rz. 63
Die besten Regelungen sind die einfachen. Sie sind aber auch oft am schwierigsten zu entwerfen. Dies liegt nicht nur an der juristischen Umsetzung, sondern auch an der Vermittlung gegenüber dem Mandanten.
a) Quotenvermächtnis hinsichtlich des gesamten Nachlasswertes
Rz. 64
Selbstverständlich kann ein Vermächtnis in etwa wie folgt lauten: "Herr X erhält vermächtnisweise einen Anteil von 50 Prozent am Wert des Nachlasses." Diese Aufteilung zwischen Erben und Vermächtnisnehmer erscheint "gerecht".
Die "Grundformel" ist einfach zu fassen:
Muster 10.6: Quotenvermächtnis hinsichtlich des gesamten Nachlasswertes
Muster 10.6: Quotenvermächtnis hinsichtlich des gesamten Nachlasswertes
Herr/Frau _________________________ (Vorname Nachname), geborene/r _________________________ (Geburtsname), geboren am _________________________ (Datum), zurzeit wohnhaft _________________________ (Wohnadresse), erhält vermächtnisweise einen Geldbetrag in Höhe von 50 Prozent des Nachlasswertes.
Für den Alleinerben ergeben sich bei einem Quotenvermächtnis hinsichtlich des gesamten Nachlasses aber Probleme: Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche der Vermächtnisnehmer sowie Liquiditätsfragen. Kein Nachlass besteht ausschließlich aus Geld. Sollen die Vermächtnisnehmer aber am Wert des gesamten Nachlasses beteiligt werden, muss der Alleinerbe den Vermächtnisnehmern den anteiligen Wert in Geld ersetzen. Dafür kann er zur Wertermittlung verpflichtet sein (vgl. Rdn 79 f.), also etwa den Hausrat und den Pkw durch Sachverständige begutachten lassen müssen. Zudem wird regelmäßig dem Vermächtnisnehmer ein Auskunftsanspruch mit vermacht worden sein (vgl. Rdn 76–78). Er kann sonst seine Forderung nicht beziffern. Der Alleinerbe muss also mindestens ein detailliertes Nachlassverzeichnis erstellen.
Neben diesem Aufwand für den Alleinerben können Probleme bei der Auszahlung der Vermächtnisse entstehen. Insbesondere bei Immobilien im Nachlass reichen die Barmittel für einen Ausgleich oft nicht aus, so dass der Alleinerbe zu einem übereilten, meist unwirtschaftlichen Verkauf gezwungen sein kann.
b) Differenzierte Quotenvermächtnisse
Rz. 65
Soll daher von einem umfassenden Quotenvermächtnis abgesehen werden, sind folgende Überlegungen hilfreich: Für schwer zu bewertende und zu veräußernde Vermögenswerte – wie etwa Unternehmensbeteiligungen oder Gemäldesammlungen – sollten alternative Regelungen gesucht werden. Im Weiteren ist der zukünftige Nachlass zu betrachten: Statistisch soll sich ein Nachlass zu 42 % aus Geldvermögen, zu 39 % aus Grundvermögen, zu 2 % aus Lebensversicherungen und zu 18 % aus Gebrauchsvermögen zusammensetzen. Geldvermögen lässt sich relativ einfach verteilen. Auch für Grundvermögen kann eine Regelung gefunden werden (vgl. Rdn 95, 98). Lebensversicherungen sollten ohnehin ...