Rz. 20

Möchte ein Mandant mehrere Personen bedenken, spielen für die Art der Verteilung des Nachlasses oft verschiedene Überlegungen und Motivationen eine Rolle.

Gegenüber Kindern soll es entweder zu einer "gerechten" – meist in einer bestimmten Weise gleichmäßigen – Verteilung kommen oder es soll personenbedingten Besonderheiten Rechnung getragen werden. Eine ungleiche Begünstigung wird mit den unterschiedlichen familiären und wirtschaftlichen Verhältnissen der Kinder und mit unterschiedlicher Nähe zum Mandanten begründet. Mitunter soll auch ein bestimmtes, besonders kompetentes Kind die Verteilung später in die Hand nehmen.

Ist der Mandant verheiratet, ist ihm die Absicherung des Ehegatten meist besonders wichtig. Wegen der Pflichtteilsansprüche oder aus anderen Gründen sollen aber die Kinder oft nicht völlig ausgeschlossen werden. Dies gilt besonders auch bei jungen Mandanten.[8] Womöglich sollen auch die Ansprüche der Kinder aus einer anderen Verbindung geschützt werden.

Ein dringendes Anliegen von Mandanten ist es insbesondere bei schon über Generationen in Familienbesitz befindlichen aber auch bei "selbst erarbeitetem" Vermögen, diesen Wohlstand möglichst lang zu bewahren und eine Auseinandersetzung zu vermeiden.

Für einen Unternehmer gilt es, den Betrieb auch über einen Erbfall hinweg zu erhalten und ihn nicht durch Erbstreitigkeiten und liquiditätsentziehende Ausgleichsforderungen im Bestand zu bedrohen.

 

Rz. 21

Von den Wünschen zur Verteilung des Vermögens weichen die zur Bestattung mitunter ab. So kann beispielsweise eine Vermögensübertragung an die Kinder aus erster Ehe einerseits aber eine Zuordnung des Totenfürsorgerechts auf den neuen Ehegatten andererseits gewünscht sein. Auch die Zuordnung der Grabpflegebefugnis oder -pflicht kann zu klären sein. Die Bestattung sollte aber nicht nur bei problematischen Testamentsgestaltungen thematisiert werden. Durch Anordnungen wie eine Bestattungsverfügung (siehe § 22) können Konflikte vermieden werden, die eine Erbengemeinschaft belasten können, noch bevor das Testament eröffnet wurde.[9]

 

Rz. 22

Die Nachlassgestaltung ist dabei auch immer als ein Prozess zu begreifen. Dabei müssen die Ziele des Mandanten mitunter erst gemeinsam gefunden, unrealistische Vorstellungen korrigiert und ein einmal artikuliertes Ziel sollte immer wieder überprüft werden. Die oberste Richtschnur ist das Wohl des Mandanten. Dessen moralische Wertungen sind grundsätzlich zu akzeptieren. Ob die vom Mandanten formulierten Wege und Ziele aber immer seinen Interessen entsprechen, ist von einem guten Berater stets zu überprüfen, ohne dabei bevormundend zu sein.

 

Rz. 23

Wichtig sowohl für den Mandanten als auch für den Berater ist es zu bedenken, dass sich Lebensumstände und Vermögenszusammensetzung ändern können. Bei der Erforschung der Wünsche des Mandanten sollte daher nicht nur der Ist-Zustand betrachtet werden, sondern auch überlegt werden, wie die Regelung aussehen soll, wenn beispielsweise eine Immobilie verkauft oder belastet wird oder in der familiären Konstellation eine Änderung eintritt, etwa weil ein Bedachter wegfällt.

 

Rz. 24

Es ist empfehlenswert, die vom Mandanten erfragten Ziele und Wünsche schriftlich zusammenzufassen und sie sich bestätigen zu lassen. Der Nachweis, insbesondere bei unter allein wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht optimalen Regelungen, den Mandantenwünschen entsprechend gestaltet zu haben, ist sonst schwer zu führen.

[8] Vgl. dazu ausführlich: Kurze, ZErb 2015, 139.
[9] Vgl. im Einzelnen Kurze/Goertz, §§ 5, 12, 15.

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