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Um zumindest die Möglichkeit zu schaffen, dass ein Miterbe beispielsweise eine Immobilie alleine erhalten kann, kommt ein Übernahmerecht in Betracht.[105] Dem oder den Miterben wird die unverbindliche Möglichkeit eröffnet, den Nachlassgegenstand zu übernehmen. Er muss sich die Zuwendung anrechnen lassen und gegebenenfalls einen Ausgleich an die Miterben zahlen.

Dogmatisch ist ein solches Übernahmerecht schwer einzuordnen. Das begünstigende Vorrecht kann als Vermächtnis gesehen werden. Um die Ausgleichungspflicht deutlich zu machen, ist die Formulierung als Teilungsanordnung sinnvoll.[106]

Muster 10.19: Übernahmerecht

 

Muster 10.19: Übernahmerecht

Nicht verbindliche Teilungsanordnung (Übernahmerecht)

Für die Teilung des Nachlasses unter den Miterben ordne ich folgende Auseinandersetzung in Form einer Teilungsanordnung an (Übernahmerecht):

Wenn sich meine Immobilie _________________________ (Bezeichnung) beim Erbfall noch in meinem Eigentum befindet, soll sie mein Sohn _________________________ (Vorname Name) erhalten. Erklärt er den anderen Erben gegenüber nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Erbfall, dass er die Immobilie übernehmen will, so können meine anderen Kinder _________________________ (Vornamen Namen) innerhalb eines weiteren Monats erklären, dass sie die Immobilie übernehmen. Sollten mehrere der anderen Kinder die Immobilie übernehmen wollen, entscheidet zwischen ihnen das Los.

Mit dieser reinen Teilungsanordnung ist keine Besserstellung eines meiner Kinder gewollt. Diesen Nachlassgegenstand erhält der Miterbe also unter Anrechnung auf seinen Erbteil bzw. Ausgleichung aus seinem Privatvermögen. Ein solcher Ausgleich aus dem Privatvermögen ist erst sechs Monate nach der Übertragung des Eigentums fällig.

Sollte zwischen den Miterben Uneinigkeit über den Wert der Immobilie bestehen, so ist dieser durch einen vom Bundesverband Deutscher Sachverständiger benannten Sachverständigen für die Bewertung bebauter und unbebauter Grundstücke verbindlich zu ermitteln. Die Kosten des Gutachtens gehen zu Lasten des Nachlasses.

Sollte kein Miterbe die Immobilie übernehmen wollen, entfällt diese Teilungsanordnung.

[105] Vgl. auch Nieder/Kössinger/R. Kössinger, § 15 Rn 243–246.
[106] Vgl. Kerscher/Krug/Spanke/Spanke, § 7 Rn 102–105.

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