Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 28
In nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebende Personen oder Verlobte können ein gemeinschaftliches Testament nicht errichten, da dieses kraft ausdrücklicher Anordnung Ehegatten und in eingetragener Lebensgemeinschaft lebenden Personen vorbehalten ist (§§ 2265 BGB, 10 Abs. 4 LPartG). Eine analoge Anwendung der Vorschriften über das gemeinschaftliche Testament auf diesen Personenkreis scheidet m.E. ebenfalls aus. Zwar mag man, soweit es um nichteheliche Lebensgemeinschaften geht, eine nachträgliche Gesetzeslücke erkennen, weil erst gegen Ende der siebziger Jahre das Auftreten dieser Lebensform, einhergehend mit weitgehender gesellschaftlicher Akzeptanz, zu einem sozialen Phänomen geworden ist, das der ältere Gesetzgeber nicht vorhersehen konnte. Es fehlt jedoch die wertungsmäßige Vergleichbarkeit. Im Zuge der Beratungen des BGB einigte sich die II. Kommission, das gemeinschaftliche Testament auf Ehegatten zu beschränken und Verlobte von dieser Testierform auszuschließen, obwohl sie auch bei diesen in vielen Teilen Deutschlands verbreitet und in Bayern üblich war. Begründet wurde dies mit dem Wesen der Ehe, insbesondere der Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft. Eine entsprechende Verpflichtung zwischen Verlobten oder nichtehelichen Lebensgefährten besteht nicht, so dass für eine Analogie kein Raum ist.
Rz. 29
Da ein notarielles gemeinschaftliches Testament von Nichtehegatten in einen Erbvertrag umzudeuten und damit zu heilen ist (§ 2084 BGB), konzentrieren sich die nachfolgenden Ausführungen auf den Versuch des privatschriftlichen gemeinschaftlichen Testaments.
I. Vorliegen eines gemeinschaftlichen Testaments
1. Objektive Theorie
Rz. 30
Das Reichsgericht war der Ansicht, das Wesen des gemeinschaftlichen Testaments bestünde darin, dass die letztwilligen Verfügungen mehrerer Personen in einer einzigen Urkunde errichtet werden. "Es kommt auch nicht wesentlich auf den Inhalt der Verfügungen, auf die Einheitlichkeit oder Gemeinschaftlichkeit des Errichtungsaktes oder auf die Absicht der Verfügenden an." Das Reichsgericht verlangte somit einen (einzigen) zusammenhängend geschriebenen Text (objektive Theorie).