Dr. Wolfgang Kürschner, Karl-Hermann Zoll
Rz. 47
Wurde ein Vertragspartner durch das Verhalten des anderen getötet, so stellt sich die Frage nach den Rechten Dritter (z.B. Ersatz von Beerdigungskosten, Unterhaltsansprüche, Anspruch desjenigen, der das Recht auf Dienstleistung gegenüber dem Getöteten hatte). Derartige Ansprüche können allenfalls in analoger Anwendung von § 844 BGB, § 845 BGB gegeben sein. Expressis verbis ist das lediglich in § 618 Abs. 1 BGB und § 62 Abs. 2 HGB geregelt. Im Übrigen schweigt das Gesetz. Doch geht es nicht an, hieraus nun den Schluss zu ziehen, dass eine entsprechende Anwendung der vorerwähnten Bestimmungen im Falle der vertraglichen Haftung im Übrigen ausscheidet. Vielmehr erscheint in ähnlich gelagerten Fällen, wie sie § 618 Abs. 3 BGB im Auge hat, eine analoge Anwendung gerechtfertigt, wie beispielsweise beim Werkvertrag. Entsprechendes gilt auch für die Erfüllung eines Auftrages. Die vorstehend zitierten Entscheidungen beziehen sich auf Werkverträge, bei denen der Unternehmer in Räumlichkeiten des Bestellers tätig werden musste. Die gleichen Grundsätze finden beim Kaufvertrag Anwendung, wenn der Käufer in Geschäftsräumen des Verkäufers seine Bestellung aufgibt, ebenso beim Gastwirtsvertrag, wenn der Gast sich in dem Lokal seines Vertragspartners aufhält. Immer hängt es davon ab, inwieweit man dem einen Vertragspartner hinsichtlich der zur Verfügung gestellten Räume oder Gerätschaften eine Fürsorgepflicht im Sinne einer Nebenpflicht aus dem Vertrag gegenüber dem anderen Teil zumuten muss. Der hier vertretenen Auffassung kann nicht entgegenstehen, dass der Gesetzgeber offenbar ganz bewusst diese Angleichung des Vertragsrechts an die Bestimmungen über unerlaubte Handlungen auf den Dienstvertrag begrenzt hat; denn es lässt sich nicht bestreiten, dass die zum Teil fließenden Grenzen unter den Vertragstypen des BGB keine hinreichende Begründung dafür erkennen lassen, weshalb die Haftung für eine Tätigkeit des Verletzten bei einem Werkvertrag anders als beim Dienstvertrag geregelt werden sollte. Der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Dienstverpflichteten, den der Gesetzgeber des BGB vielleicht im Auge hatte, ist kaum durchgreifend. Sobald der eine Vertragsteil in den Räumen oder den Fahrzeugen des anderen Teils arbeiten muss, hat er den gleichen Anspruch auf gute Beschaffenheit der Räume oder Fahrzeuge wie der Dienstverpflichtete.
Rz. 48
Grundsätzlich trifft die Fürsorgepflicht lediglich den Vertragspartner. Für das Verhalten von Erfüllungsgehilfen kann er insoweit nur dann in Anspruch genommen werden, wenn es sich hierbei um Erfüllungsgehilfen gerade hinsichtlich der sich aus dem Vertrag ergebenden Fürsorgepflicht, das heißt nicht nur hinsichtlich der Erfüllung der Hauptverpflichtung aus dem Vertrag, handelt.
Rz. 49
Soweit die Benutzung der Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften des anderen Vertragspartners zur Erbringung der Vertragsleistung nicht erforderlich ist, dennoch aber der Unfall durch die Beschaffenheit der Örtlichkeit oder Gerätschaften herbeigeführt wird, entfällt eine Haftung in analoger Anwendung des § 618 Abs. 3 BGB. Wer den Raum einer Werkstatt lediglich deshalb betritt, um sich über den Fortgang der Arbeit zu informieren, fällt nicht unter § 844 BGB, § 845 BGB. Folgerichtig erscheint es demnach, diese Ansprüche einem Dritten immer dann zu gewähren, wenn der zu Schaden gekommene Vertragspartner in den Organisations- oder Ordnungsbereich des Schädigers zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung tätig werden musste, unabhängig von dem Vertragstyp.