Rz. 75

Der Schuldner ist zur Leistung von Schadensersatz nicht verpflichtet, wenn er nachweisen kann, dass ihn an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft und dass er sie auch sonst nicht zu vertreten hat, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese Vorschrift macht die früher für Unmöglichkeit (§ 282 BGB a.F.) und Verzug (§ 285 BGB a.F.) gültige Regelung zu einem für alle Pflichtverletzungen geltenden Rechtsprinzip.[197] Zu vertreten hat der Schuldner grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit, § 276 BGB.[198] Teilweise wird zwar die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Haftung des Schuldners auf Vorsatz beschränkt ist, es im Regelfall zunächst Sache des Gläubigers sei, die Umstände darzutun, die für den Vorsatz des Schuldners sprächen. Der Bundesgerichtshof hat jedoch zu Recht entschieden, dass dies mit der gesetzlichen Wertung des § 282 BGB a.F. (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB n.F.) nicht vereinbar ist. Der Gesetzeswortlaut und der Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine unterschiedliche Darlegungslast für vorsätzliches und fahrlässiges Verhalten. Der Bundesgerichtshof hat eine Differenzierung der Darlegungs- und Beweislast nach Verschuldensgrad ausdrücklich abgelehnt und entschieden, dass der Schuldner, der nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einzustehen hat, zu beweisen hat, dass beide Verschuldensgrade nicht vorliegen.[199] Daraus folgt, dass auch eine Differenzierung zwischen Vorsatz und einfacher Fahrlässigkeit im Rahmen des Entlastungsbeweises nicht zulässig ist. Es gibt auch keinen sachlichen Grund, dem Gläubiger ausnahmsweise eine Darlegungslast aufzubürden. Ob vorsätzliches Handeln vorliegt, betrifft eine innere Tatsache des Schuldners, über die er ohne weiteres Auskunft geben kann, während sie dem Gläubiger verschlossen ist. Der Gläubiger kann lediglich Indizien anführen, aus denen sich der Vorsatz ergibt. Auch dies spricht dagegen, den Schuldner entgegen der gesetzlichen Wertung von ihm möglichen und zumutbaren Vortrag zu entlasten.[200]

[197] Palandt/Grüneberg, 79. Aufl. 2020, § 280 BGB Rn 34.
[198] Vgl. dazu auch eingehend Lorenz, JuS 2007, 611.
[199] BGHZ 46, 260.

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