Stephan Kohlhaas, Phillip Hartmann
Rz. 135
Nach den Versicherungsbedingungen sind nur Ansprüche versichert, die sich auf gesetzliche Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts stützen lassen, es sei denn, hiervon wird einvernehmlich abgewichen. Ob der Geschädigte den Anspruch aus Vertrag, aus unerlaubter Handlung oder aus sonstigen gesetzlichen (Spezial-)Bestimmungen herleitet, spielt dabei keine Rolle.
Die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts ist abzugrenzen von derjenigen nach öffentlichem Recht. Wird ein Berufsangehöriger wegen Gerichtskosten nach § 49 GKG in Anspruch genommen, besteht nach den meisten am Markt erhältlichen Bedingungswerken keine Deckung, weil es sich hierbei um eine öffentlich-rechtliche Bestimmung handelt. Einzelne Berufshaftpflichtversicherer bieten jedoch mittlerweile Versicherungsschutz auch im Hinblick auf Haftpflichtansprüche öffentlich-rechtlichen Inhalts. Inwiefern die Haftung des Anwalts gem. §§ 60, 61 InsO als Insolvenzverwalter privatrechtlich gem. § 1 AVB ist oder nicht, kann dahinstehen, da die Tätigkeit und die entsprechende Haftung gleichwohl bedingungsgemäß ausdrücklich mitversichert ist.
Beachte
Der Ausschluss "unternehmerischer" Risiken (siehe auch Rdn 126 ff.) zieht, auch wenn er schon gegenüber den Standardbedingungen erweitert ist, immer noch Grenzen.
Diese werden vielfach abbedungen, wenn der Anwalt für die ausgeübten konkreten Nebentätigkeiten, z.B. als Insolvenzverwalter, Objektversicherungen für einzelne Verfahren mit entsprechender Deckungserweiterung auf unternehmerische Risiken abschließt.
Nachfolgend behandelte Ansprüche zu meist besonders exponierten Risiken stellen keine gesetzlichen Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts dar.
Rz. 136
Falls der Anwalt ihm auf einem Anderkonto anvertraute Mandantengelder z.B. versehentlich an einen Unberechtigten überweist, macht der die Auszahlung verlangende Mandant keinen Haftpflichtanspruch geltend, sondern einen grundsätzlich nicht versicherten Anspruch auf Herausgabe des anlässlich eines Auftrags Erlangten analog §§ 662, 667 BGB, wenn der unberechtigte Empfänger der Fehlüberweisung die Mandantengelder nicht zurück zahlt/zahlen kann. Damit auch im Hinblick auf diese Konstellation Versicherungsschutz besteht, ist die Anderkontendeckung Standard im Rahmen der anwaltlichen Berufshaftpflichtversicherung. Die Anderkontendeckung wird allerdings in manchen Bedingungswerken durch eine herabgesetzte Versicherungssumme, ein sogenanntes Sublimit, der Höhe nach begrenzt (s.o. Rdn 126). Im Gegensatz dazu sehen einige Bedingungswerke für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer einen derartigen Einschluss nicht vor, sodass in interprofessionellen Kanzleien immer auf die Konformität der Deckungsinhalte zu achten ist.
Rz. 137
Die Rückforderung von Honorar wegen mangelhafter Leistung des Rechtsanwalts beruht in der Regel nicht auf einem Haftpflichtanspruch, auch wenn diese Forderung im Zusammenhang mit einer behaupteten Schlechtleistung/Pflichtverletzung gestellt wird. Die im Markt heute üblicherweise verwendeten Bedingungen, einschließlich der aktuellen AVB-Generation heben diesen Tatbestand ausdrücklich als nicht gedeckt hervor. Allerdings sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen Honorarrückforderungsansprüche zumindest auch auf einem gedeckten Haftpflichtanspruch beruhen können und der Rechtsanwalt Versicherungsschutz aus seiner Berufshaftpflichtversicherung beanspruchen kann.
Rz. 138
Erweitert der Anwalt seine Haftung durch vertragliche Zusicherungen im Einzelfall über den Rahmen gesetzlicher Anspruchsgrundlagen hinaus, ist er für diesen Bereich nicht versichert (§ 4 Ziff. 2 AVB). Der nach Eintritt des Versicherungsfalls – etwa im Rahmen von Vergleichsverhandlungen – vertraglich vereinbarte Verzicht auf die Einrede der Verjährung lässt den Versicherungsschutz allerdings nicht entfallen.