Stephan Kohlhaas, Phillip Hartmann
Rz. 152
Nicht zu unterschätzen ist das nun gem. § 105 VVG – scheinbar ohne nachteilige Folgen – mögliche Anerkenntnis des Haftpflichtanspruchs sowie die ggf. auch gleichzeitige Abtretung des Deckungsanspruchs (auf Freistellung) gem. § 108 Abs. 2 VVG.
Das nach altem Recht zulässige und üblicherweise vereinbarte Anerkenntnisverbot ist heute gem. § 108 VVG insoweit obsolet, als hiernach "eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet ist, wenn ohne seine Einwilligung der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder dessen Anspruch anerkennt," unwirksam ist. Dieser gesetzlichen Vorgabe entspricht die in den marktüblichen Versicherungsbedingungen für Anwälte enthaltene Vereinbarung, wonach ohne Zustimmung des Versicherers erklärte Anerkenntnisse (und Vergleiche) diesen nur binden, "soweit der Haftpflichtanspruch auch ohne Anerkenntnis oder Vergleich bestanden hätte." Diese Umsetzung der VVG-Reform betreffend § 105 VVG ist nicht zu beanstanden, weil sie der Intention des Gesetzgebers Rechnung trägt, ein Anerkenntnis nicht pauschal zu sanktionieren, sondern nur für den Fall des Nichtbestehens des Haftpflichtanspruchs.
Dem Rechtsanwalt, der sich mit einem Haftpflichtanspruch konfrontiert sieht, kann nur geraten werden, von voreiligen Anerkenntnissen oder Vergleichen Abstand zu nehmen. Der Berufs-Haftpflichtversicherer prüft im Falle eines Anerkenntnisses vollumfänglich die Begründetheit des behaupteten Haftpflichtanspruchs. Zielführender ist es für den Rechtsanwalt als Versicherungsnehmer, die Anspruchsprüfung im offenen Dialog mit dem Versicherer durchzuführen. Der Versicherer prüft den Haftpflichtanspruch bedingungsgemäß auf eigene Kosten, da er dem Versicherungsnehmer zur Abwehr des evtl. unbegründeten Haftpflichtanspruchs verpflichtet ist; denn Deckungsschutz besteht nicht nur im finanziellen Ausgleich von begründeten Schadensersatzforderungen, sondern auch in Form des Rechtsschutzes bei der Abwehr eines unbegründeten Schadensersatzanspruchs.
Der Versicherungsnehmer kann, ob mit oder ohne Anerkenntnis, seinen Anspruch auf Deckungsschutz gegen den Versicherer abtreten; § 108 Abs. 2 VVG bestimmt, dass die Abtretung des Freistellungsanspruchs an den Dritten nicht durch Allgemeine Versicherungsbedingungen ausgeschlossen werden kann. Dritter in diesem Sinne ist der Geschädigte. Eine Abtretung des Freistellungsanspruchs an jeden anderen außer den geschädigten Dritten kann nach wie vor sanktioniert sein, was in den marktüblichen Bedingungen entsprechend vereinbart wird.
Über die Abtretung kommt man "mittelbar" zu einem Direktanspruch. Allerdings kann die Abtretung bei gleichzeitigem Anerkenntnis für den versicherten Anwalt brisant werden, wenn sich nämlich im Rechtsstreit zwischen Versicherer und Geschädigten herausstellt, dass der Haftpflichtanspruch ganz oder teilweise unbegründet war.