Stephan Kohlhaas, Phillip Hartmann
Rz. 7
Der Anwalt leistet seine Dienste regelmäßig auf Grundlage eines Anwaltsvertrages, oft auch als Mandat bezeichnet. Der Anwaltsvertrag stellt in der Regel einen Dienstvertrag gem. §§ 611 ff. BGB dar und nur in Ausnahmefällen einen auf die Erzielung eines konkreten Erfolgs gerichteten Werkvertrag i.S.d. §§ 631 ff. BGB.
Ein Anwaltsvertrag über die Erstellung eines schriftlichen Rechtsgutachtens stellt in der Regel einen Werkvertrag dar. Überdies handelt es sich um eine Fixschuld, wenn der Leistungszeitpunkt nach Sinn und Zweck des Vertrages oder nach der Interessenlage der Parteien so wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt. Dies ist zum Beispiel der Fall bei einem Rechtsgutachten, das in Bezug auf eine Aufsichtsratssitzung erstellt wird. Bei einem anderthalb Tage vor der Sitzung übersandten Rechtsgutachten wird aufgrund des Zeitablaufs der Leistungszweck regelmäßig nicht mehr erreicht.
Will der Anwalt ein ihm angetragenes Mandat nicht annehmen, muss er dies dem Mandanten gegenüber umgehend erklären; die Ablehnung muss gem. § 44 BRAO unverzüglich erfolgen, anderenfalls droht dem Anwalt – man denke etwa an Fristenprobleme – die haftungsrechtliche Inanspruchnahme für Schäden, die dem "Auftraggeber" infolge der unterbliebenen oder nicht zeitnahen Ablehnung entstanden sind (§ 44 S. 2 BRAO). "Unverzüglich" bedeutet "ohne schuldhaftes Zögern" i.S.v. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB.
Beispiel: Versäumnisurteil
Will der Mandant, dass gegen ein Versäumnisurteil Einspruch eingelegt wird, muss der Anwalt wegen der bekanntermaßen kurzen Frist sofort handeln; er muss damit rechnen, dass der Mandant sich über den Zeitpunkt der Zustellung irrt. Er darf den Mandanten auf keinen Fall mit der Bitte nach Hause schicken, zunächst die notwendigen Unterlagen zusammen zu tragen.
Ein besonderes Augenmerk erfordert die Mandatsbegründung durch Fernkommunikationsmittel i.S.d. §§ 312c ff. BGB, namentlich Telefon und Email. Nach Auffassung des BGH liegt ein "für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem" bei einer Rechtsanwaltskanzlei schon dann vor, wenn deren Organisation so zugeschnitten ist, dass typischerweise weder für die Vertragsverhandlungen noch für den Abschluss des Mandatsvertrags eine gleichzeitige, persönliche Anwesenheit von Mandant und Anwalt erforderlich ist und der Anwalt eine Mandatserteilung unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln im Außenverhältnis gegenüber Dritten aktiv bewirbt. Bei Anwendbarkeit des Fernabsatzrechts ist der Anwaltsvertrag widerruflich. Trotz Leistungserbringung kann der Rechtsanwalt in diesem Fall zur Rückzahlung des Honorars verpflichtet sein.
Bei Aufsichtsratsmandaten ist insbesondere auf die §§ 113, 114 AktG zu achten. Danach ist ein Mandatsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Anwaltskanzlei, deren gesetzlicher Vertreter Aufsichtsratsmitglied ist, ohne Zustimmung des Aufsichtsrats nichtig.
Rz. 8
Will der Anwalt das Mandat übernehmen, geschieht dies in der Regel konkludent, indem er im Sinne seines Mandanten tätig wird (durch Entwurf eines Vertrages, Schreibens, Schriftsatzes o.Ä.). Einer ausdrücklichen Annahme des Auftrags bedarf es nicht, wenngleich dies im Hinblick auf eventuelle Einschränkungen des Mandatsumfangs gegebenenfalls risikoreduzierend und somit ratsam ist.
Beachte
Wegen der nachteiligen Folgen für die Haftung und den Versicherungsschutz aus der Berufshaftpflichtversicherung ist dem Anwalt – ungeachtet sonstiger Rechtsfolgen – dringend zu raten, der sog. Kollisionsprüfung im weitesten Sinne besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Neben der bekannten Problematik der Interessenkollision bei der Wahrnehmung von Mandanteninteressen muss der Anwalt genauestens prüfen, ob der Mandant bzw. das Mandat sanktionsbewehrt ist, d.h. ob er mit der Übernahme eventuell gegen "Handels- und Wirtschaftssanktionen" verstößt. Die Kollisionsprüfung muss weit interpretiert werden und ist daher auf jegliche Sanktionen im internationalen Rechts-, Geschäfts- und Dienstleistungsverkehr auszudehnen.
Sowohl bei der Vertretung widerstreitender Interessen gem. § 43a Abs. 4 BRAO, als auch bei Verstößen gegen Sanktionsregeln ist der Anwaltsvertrag wegen Verstoß gegen ein Verbotsgesetz gem. § 134 BGB nichtig. Dies kann zu einer Haftungsverschärfung mangels wirksamer Haftungsbegrenzung gem. § 52 BRAO führen.
Bei Verstößen gegen Sanktionsregeln ist es dem Berufshaftpflichtversicherer des Anwalts verwehrt, diesen vertragsgemäß von einer grundsätzlich gedeckten Haftpflichtverbindlichkeit freizustellen. Der Anwalt läuft also Gefahr, den Versicherungsschutz aus seiner Berufshaftpflichtversicherung zu verlieren.
Rz. 9
Gleichermaßen bedeutsam ist, wer auf anwaltlicher Seite Vertragspartner und damit letztlich auch potenziell Haftender ist, wenn es sich um eine Sozietät, Partnerschaft oder GmbH handelt. Bei der juristischen Person – GmbH – bedarf es keiner vertiefenden Betrachtung, dass die GmbH Auftragnehmer und d...