Rz. 509
Das Berufungsurteil hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht ging zutreffend davon aus, dass der Klägerin keine Schadensersatzansprüche gegen den Fahrer oder Halter des bei der Beklagten versicherten Sattelzuges zustanden.
Zutreffend ging das Berufungsgericht zunächst davon aus, dass die Klägerin im Hinblick auf die Rastanlage keine Ansprüche aus §§ 7, 18 StVG hatte. Es fehlte an einer "Beschädigung" der – was im Rahmen der §§ 7, 18 StVG ausreicht – in ihrem berechtigten unmittelbaren Besitz stehenden Anlage oder deren Einrichtungen.
Eine Sache ist dann "beschädigt" im Sinne des § 7 StVG, wenn entweder ihre Substanz nicht unerheblich verletzt oder wenn ihre Brauchbarkeit zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung nicht unerheblich beeinträchtigt worden ist, ohne dass zugleich ein Eingriff in die Sachsubstanz vorliegt (Senatsurt. v. 6.11.2007 – VI ZR 220/06, VersR 2008, 230 Rn 8). Dass die nach dem – für das Revisionsverfahren zu unterstellenden – Vortrag der Klägerin von ihr betriebene Rastanlage durch die vom bei der Beklagten versicherten Sattelzug verursachte Sperrung der BAB 5 wenige Kilometer entfernt in ihrer Sachsubstanz verletzt worden wäre, stand nicht in Rede. Aber auch die Brauchbarkeit der Rastanlage zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung wurde durch die Sperrung nicht beeinträchtigt. Denn die Funktionsfähigkeit der Anlage und ihrer Einrichtungen selbst wurde durch die Sperrung nicht betroffen. Die Anlage und ihre Einrichtungen hätten auch während der Sperrung der Autobahn in jeder Hinsicht bestimmungsgemäß in Gebrauch genommen werden können. Dass infolge der Sperrung und der damit zusammenhängenden Empfehlung, den Bereich weiträumig zu umfahren, Durchgangsverkehr und damit nennenswerter Kundenzustrom nicht zu erwarten war, änderte daran nichts. Denn die Brauchbarkeit einer Sache für ihre zweckentsprechende Verwendung hängt nicht davon ab, ob und in welchem Umfang auch ein tatsächlicher Bedarf für die entsprechende Verwendung der Sache besteht. Zudem umfasst der von § 7 StVG gewährleistete Schutz des Integritätsinteresses nicht die Garantie, mit einer Sache ungehindert Gewinne erzielen zu können.
Rz. 510
Zutreffend war die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung eines Schutzgesetzes zu.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats setzt ein solcher Anspruch voraus, dass es sich bei der Vorschrift, die verletzt wurde, um eine Rechtsnorm handelt, die zumindest auch dazu bestimmt ist, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen. Im konkreten Schaden muss sich dabei die Gefahr verwirklicht haben, vor der die betreffende Norm schützen sollte. Der eingetretene Schaden muss also in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Norm fallen. Weiter muss der konkret Geschädigte auch zum Kreis derjenigen Personen gehören, deren Schutz die verletzte Norm bezweckt. Der Geschädigte muss also vom persönlichen Schutzbereich der verletzten Norm erfasst sein.
Hieran scheiterte im Streitfall ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB. Die Versicherten der Beklagten haben kein Gesetz verletzt, das dem Schutz der Klägerin als Betreiberin einer Autobahnrastanlage vor Gewinneinbußen zu dienen bestimmt war.
Rz. 511
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht im Ganzen ein Gesetz zum Schutz des Vermögens ist. Sie ist Teil des Straßenverkehrsrechts, durch das die Teilnahme am Straßenverkehr geregelt und insbesondere dessen Sicherheit und Leichtigkeit gewährleistet werden soll. Dieses dient als sachlich begrenztes Ordnungsrecht der Abwehr von typischen Gefahren, die vom Straßenverkehr ausgehen und die dem Straßenverkehr von außen oder durch Verkehrsteilnehmer erwachsen. Einzelne Vorschriften der StVO können allerdings zugleich dem Schutz von Individualinteressen dienen, namentlich der Gesundheit, der körperlichen Unversehrtheit und des Eigentums.
Rz. 512
Als von den Versicherten der Beklagten verletzte Gesetze kamen vorliegend die Vorschriften des § 18 Abs. 1 S. 2 StVO, des § 22 Abs. 2 S. 1 StVO, des § 23 Abs. 1 S. 2 StVO, des § 29 Abs. 3 S. 1 StVO sowie des § 1 Abs. 2 StVO in Betracht. Welchen dieser Regelungen – was der erkennende Senat für § 1 Abs. 2 StVO bereits anerkannt hat und darüber hinaus jedenfalls für § 22 Abs. 2 S. 1 StVO der herrschenden Meinung entsprechen dürfte – grundsätzlich Schutznormcharakter zukommt, konnte im Streitfall freilich dahinstehen. Die Klägerin warf den Versicherten der Beklagten nämlich nicht etwa vor, sie durch die unzulässig dimensionierte Ladung unmittelbar in einem ihrer Rechtsgüter verletzt zu haben. Inhalt des Vorwurfs der Klägerin war vielmehr, die bei der Beklagten Versicherten hätten durch ihr Verhalten die Nutzung einer öffentlichen Straße vorübergehend unmöglich gemacht und der Klägerin dadurch, also mittelbar, Gewinneinbußen zugefügt. Aus diesem Vorwurf konnte ...