Rz. 272
Nicht selten erteilt der Erblasser dem Testamentsvollstrecker Anweisungen, wie mit dem Nachlass zu verfahren ist. So gibt es Veräußerungsverbote, Mindestpreise bei Veräußerungen, Anweisungen über die Auszahlungen von Erträgnissen des Nachlasses an behinderte Kinder, das Erfordernis von Zustimmung Dritter bei Geldanlagen. Der Testamentsvollstrecker wird solche Anweisungen zuweilen mit Zustimmung aller Erben oder der überwiegenden Mehrzahl von diesen überschreiten wollen, weil er das für sinnvoll oder gar notwendig erachtet. Die Zustimmung bewirkt, dass die zustimmenden Miterben nicht später vom Testamentsvollstrecker irgendwelchen Schadensersatz verlangen (vgl. § 2219 BGB) oder seine Entlassung verlangen (§ 2227 BGB) können, weil er seine Pflicht, "die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen" (§ 2203 BGB) verletzt hat. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass der Testamentsvollstrecker die Rechtsmacht hat, sich über die Anweisungen hinwegzusetzen.
Rz. 273
Kann die Zustimmung die Verstöße des Testamentsvollstreckers "heilen" oder sind dessen Maßnahmen wegen Gesetzesverstoßes – trotz des gegenteiligen Willens der (zustimmenden) Erben unwirksam? Es kommt darauf an, ob die Anordnungen aufgrund des Erblasserwillens als Verfügungsverbote nach § 2208 Abs. 1 S. 1 BGB oder als bloße Verwaltungsanweisungen nach § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB zu werten sind. Zwar verschafft die Zustimmung aller Erben diesen in jedem Fall Gültigkeit. Aber wenn die Anordnungen absolut und damit mit dinglicher Wirkung zu verstehen sind, dann ist aus der Rechtsprechung des BGH herzuleiten, dass die Zustimmung der minderjährigen Erben den §§ 1821, 1822 BGB unterworfen ist, dass die gesetzlichen Vertreter also die Genehmigung des Familiengerichts für ihre Zustimmung brauchen (näher vgl. Rdn 283).
Will also der Testamentsvollstrecker ein Haus veräußern, obgleich der Erblasser dies für 25 Jahre untersagt hat, dann hat er nach dem Gesetz (§ 2205 BGB) die Rechtsmacht dazu, "… soweit nicht anzunehmen ist, dass sie ihm nach dem Willen des Erblassers nicht zustehen soll(en)" (§ 2208 Abs. 1 S. 1 BGB). Dann kann nach allg. Meinung nur die Zustimmung der Miterben seiner Veräußerung des Hauses noch Wirksamkeit verleihen. Das rechtfertigt sich zwar nach h.M. nicht aus dem Gesetzeswortlaut, wohl aber aus den Interessen der Erben, für deren Interessen ja die Verwaltung des Nachlasses stattfindet. Dann aber greift § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB ein: Die notwendige Zustimmung zu einer Verfügung (des Testamentsvollstreckers über das Grundstück) ist selbst eine Verfügung über das Grundstück.
Nach diesseitiger Ansicht handelt es sich bei Anordnungen betreffend die Verwaltung um obligatorische Anordnungen, die die umfassende Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers (§ 2205 BGB) nicht einengen (näher Rdn 288). Wie auch sonst bei Verwaltungshandlungen der Erbengemeinschaft (Rdn 223 ff.) genügt die Mehrheit der Miterben für Verwaltungsmaßnahmen, so dass ein Testamentsvollstrecker nicht unrechtmäßig handelt, wenn die Mehrheit der Miterben sein Handeln gutheißt.
Rz. 274
Die Zustimmung minderjähriger Erben zum Handeln des Testamentsvollstreckers erteilt deren gesetzliche Vertreter. Der gesetzliche Vertreter kann dabei mehrere Kinder vertreten, denn die Erklärungen sind gleichgerichtet: Sie richten sich alle gegen den Testamentsvollstrecker und nicht an die Miterben, so dass §§ 181, 1795 BGB, das Verbot des In-Sich-Geschäfts und der Mehrvertretung, nicht einschlägig sind.