Rz. 292
Häufig erfolgt die Auseinandersetzung des Nachlasses nicht auf der Grundlage eines (bloßen) Planes des Testamentsvollstreckers, wie dies § 2204 Abs. 2 BGB vorsieht, sondern durch förmlichen Vertrag des Testamentsvollstreckers mit den Erben. Die bloße Zustimmung zu einem vom Testamentsvollstrecker vorgelegten Entwurf eines Auseinandersetzungsplanes ist noch nicht als Vertragsannahme zu qualifizieren, denn ein Vertragsschluss ist nicht vorgesehen und nicht gewollt. Die Zustimmung erfolgt nur dem Testamentsvollstrecker gegenüber, nicht gegenüber den Miterben. Das räumen auch diejenigen ein, die in der "ausdrücklichen" Zustimmung zum Testamentsvollstreckerplan einen Vertragsschluss sehen (siehe Rdn 278). Anderenfalls müssten sie konsequenterweise auch eine konkludente Zustimmung der Miterben als Vertrag ansehen, der vielfach formbedürftig wäre.
Rz. 293
Ein Auseinandersetzungsvertrag ist – im Gegensatz zum Auseinandersetzungsplan des § 2204 Abs. 2 BGB – als solcher zwar nicht formbedürftig, wohl aber greifen die allgemeinen Regeln ein, so dass der Vertrag notariell beurkundet werden muss, wenn er z.B. ein Grundstück betrifft (§ 311b Abs. 1 BGB). Die Vertragsform wird gewählt, um die Miterben bei der Auseinandersetzung stärker einzubinden als bei einer Zustimmung zum Plan des Testamentsvollstreckers, insbesondere hinsichtlich eventueller Ausgleichungspflichten (§§ 2050 ff. BGB), aber auch um die Auseinandersetzung flexibler zu gestalten.
Rz. 294
Wird die Vertragsform gewählt, so schließt nicht nur jeder Miterbe mit dem Testamentsvollstrecker einen Vertrag, sondern auch die Erben verpflichten sich untereinander wechselseitig. Deshalb muss bei einem solchen Vertrag bei Beteiligung mehrerer minderjährige Erben, die durch denselben gesetzlichen Vertreter vertreten werden, jeder durch einen besonderen Pfleger vertreten werden, weil andernfalls § 181 BGB verletzt würde. Das Gleiche gilt, wenn der gesetzliche Vertreter und der Vertretene zu den Miterben zählen oder wenn ein Verwandter des gesetzlichen Vertreters in gerader Linie dazu zählt (§ 1795 Nr. 1 BGB). Die Ausnahme vom Verbot des In-Sich-Geschäfts, weil der Vertrag "in Erfüllung einer Verbindlichkeit" geschlossen werde, liegt hier nicht vor, denn nach dem Gesetz und dem Willen des Erblassers trifft die Erben keine Verpflichtung zum Abschluss eines Auseinandersetzungsvertrages. Auch ist ein solcher Vertrag für den Minderjährigen nicht nur rechtlich vorteilhaft (§ 107 BGB) und deshalb nicht vom Verbot eines In-Sich-Geschäfts befreit.
Rz. 295
Vertreten Eltern beim Abschluss solchen Vertrages ein Kind, dann bedarf der Vertrag nicht der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr. 2 BGB, weil § 1643 BGB nicht auf § 1822 Nr. 2 BGB verweist. Anders aber, wenn ein Minderjähriger durch einen Vormund oder Pfleger vertreten wird. Gehört zum Nachlass ein Grundstück, dann könnte man daran denken, dass auch eine Genehmigung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB für Eltern wie für Pfleger als gesetzliche Vertreter erforderlich ist. Das ist aber zu verneinen: Der Minderjährige wirkt zwar bei der Auseinandersetzung mit, er verpflichtet sich aber nicht zur Verfügung über ein Grundstück. Das tut – auch bei der Wahl eines Auseinandersetzungsvertrages des Testamentsvollstreckers mit den Erben – nur der Testamentsvollstrecker auf der Grundlage von § 2205 BGB. Der Minderjährige nimmt die Gegenstände, die er im Rahmen der Auseinandersetzung erhält, nur vom Testamentsvollstrecker aufgrund von dessen Verfügung entgegen. Auch eine Genehmigungspflicht für die mitwirkenden Eltern oder Pfleger als gesetzliche Vertreter nach §§ 1915, 1643, 1821 Abs. Nr. 1 BGB bei der Auflassung von Grundstücken an minderjährige Erben kommt nicht in Betracht, weil Verfügender bei der Auflassung allein der Testamentsvollstrecker ist, der auch bei Verfügungen über Grundstücke keiner Genehmigungspflicht des Familiengerichts unterworfen ist.
Rz. 296
Für die Praxis: Bei Abweichungen des Vertrages von Anordnungen des Erblassers – Teilungsanordnungen, Teilungsverboten, Veräußerungsverboten – nahm der BGH allerdings an, dass der Testamentsvollstrecker im Hinblick auf § 2208 BGB nicht ohne die Zustimmung der Erben verfügen kann (siehe Rdn 290). Diese Zustimmung ist – folgt man der Auffassung des BGH – ebenfalls eine (notwendige) Verfügung. Befindet sich also z.B. ein Grundstück im Nachlass, das von solcher Anordnung erfasst ist, dann ist wegen des minderjährigen Erben, vertreten durch Eltern oder Vormund/Pfleger, nach Ansicht des BGH die gerichtliche Genehmigung gemäß §§ 1821, 1822 BGB erforderlich (siehe Rdn 290).