Dr. iur. Sebastian Berkefeld
Rz. 131
Der Grundgedanke dieser Gestaltung ist, dass in der Zugewinngemeinschaftsehe Gütertrennung vereinbart und zur Erfüllung der entstehenden Zugewinnausgleichsforderung (§ 1378 BGB) ein entsprechender Vermögenswert übertragen wird. Eine unentgeltliche und somit ergänzungspflichtige Zuwendung soll dann nicht vorliegen, wenn deren Wert nicht erheblich über dem rechnerischen Zugewinnausgleichsanspruch liegt, wodurch sich eine Wirkung wie in Rdn 122 Nr. 3 dargestellt ergibt, also eine Verrechnung der Zuwendung mit dem Ausgleichsanspruch.
Rz. 132
Solange die Zugewinngemeinschaft noch existiert, besteht auch kein verrechenbarer Ausgleichsanspruch, wie sich aus der ausdrücklichen Bestimmung des § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB ergibt, wonach der Ausgleichsanspruch erst mit der Beendigung des Güterstands entsteht. Hieran scheitern auch Gestaltungen, die unter dem Stichwort "fliegender Zugewinnausgleich" diskutiert werden. Im Rahmen dieses Modells wird empfohlen, dass die Ehegatten in einem notariellen Vertrag ihren Zugewinn errechnen und ausgleichen. Dabei wird, um den Zugewinnausgleich nicht wiederholt durchzuführen, als Anfangsvermögen für die weitere Ehedauer das Vermögen nach Durchführung dieses Zugewinnausgleichs festgelegt. Diese Gestaltung kann auch im Rahmen einer Modifikation der Zugewinngemeinschaft erfolgen.
Rz. 133
Zur Begründung und Rechtfertigung wird die Gesetzgebungsgeschichte der §§ 1363, 1408 BGB angeführt, wonach ein zivilrechtlicher Ausgleich des Zugewinns während des Güterstands ohne weiteres zulässig sei. Aufgrund der Ausgleichsvereinbarung entstehe eine güterrechtliche Ausgleichsforderung des ausgleichsberechtigten Ehegatten, deren Erfüllung dann nicht einer ehebedingten Zuwendung gleichzusetzen sei, die u.U. ergänzungspflichtig ist (siehe § 7 Rdn 64 Fn 212). Vielmehr handele es sich bei der Erfüllung der Ausgleichsforderung um ein insoweit entgeltliches Rechtsgeschäft. Diesbezüglich hatte bereits Langenfeld vertreten, dass eine Zuwendung zum Ausgleich eines vorzeitigen Zugewinns gegenüber den Abkömmlingen pflichtteilsfest sei, wenn und soweit die Vermögensübertragung durch einen tatsächlichen Zugewinnausgleichsanspruch zum Zeitpunkt der Zuwendung gedeckt wäre. Jedoch hatte dagegen bereits Brambring Bedenken angemeldet, weil das Gesetz nur die Vereinbarung der Gütertrennung kenne, um aufgrund eines Vertrages zu einer Zugewinnausgleichsforderung zu gelangen. Für den Bereich des Erbschaftsteuerrechts hat auch der BFH die Möglichkeit eines solch fliegenden Zugewinnausgleichs abgelehnt. Denn nur bei Beendigung des gesetzlichen Güterstands entsteht der Zugewinnausgleichsanspruch kraft Gesetzes und damit ohne gewillkürten, den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ausfüllenden Zuwendungsakt des den Zugewinn ausgleichenden Ehegatten. Da Ansatzpunkt für dieses Urteil die güterrechtliche Bestimmung des § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB ist, kann dieser auch auf das Pflichtteilsrecht übertragen werden. Daher ist erforderlich, dass die Zugewinngemeinschaft durch entsprechenden Ehevertrag beendet wird. Dies führt zum Gütertrennungsmodell.
Rz. 134
Im Rahmen des "Gütertrennungsmodells" beenden die Ehegatten den bisher bestehenden gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, indem sie durch einen Ehevertrag Gütertrennung vereinbaren. Damit entsteht kraft Gesetzes ein Zugewinnausgleichsanspruch für den einen von ihnen (§§ 1372, 1378 Abs. 3 S. 1 BGB). Soweit bis zur Höhe dieses Ausgleichsanspruchs durch den Schuldner der Ausgleichsverpflichtung ein Vermögenswert übertragen wird, handelt es sich um eine entgeltliche Zuwendung, die weder einem Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB unterliegt noch einer Schenkungsteuer (§ 5 Abs. 2 ErbStG). Dies ist dem Grundsatz nach allgemein anerkannt (siehe § 7 Rdn 64), wenngleich zum Pflichtteilsrecht Rechtsprechung fehlt.
Rz. 135
Die Nachteile des Gütertrennungsmodells können in Folgendem gesehen werden:
▪ |
Quotenerhöhung durch Vereinbarung der Gütertrennung: Bei mehr als einem Kind erhöht sich deren Erb- und Pflichtteilsquote gegenüber der Zugewinngemeinschaft (§ 1931 Abs. 4 BGB), was den Vorteil der entgeltlichen Zuwendung wieder zunichte machen kann. |
▪ |
"Falsche Reihenfolge" der Erbfälle: Wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte zuerst verstirbt, erhöht sich infolge der bereits gemachten Zuwendung der Wert seines Nachlasses und damit auch der Pflichtteil seiner Abkömmlinge. Besitzt der längerlebende Ehegatte, der ausgleichspflichtig ist, einseitige Abkömmlinge und wird er Alleinerbe, so bezieht sich bei seinem Tod deren Pflichtteil wiederum auf das, was durch die Abfindungsvereinbarung zunächst der Erstversterbende erhalten hat. Der pflichtteilsreduzierende Effekt wird wiederum kompensiert. |
▪ |
Durch die Gütertrennung nimmt keiner der Ehegatten mehr am später entstehenden Zugewinn des anderen teil. Gerade wenn nach der Vereinbarung der Gütertrennung der erstversterbende Ehegatte einen noch ganz erheblichen Zugewinn erzielen würde, ... |