Dr. iur. Sebastian Berkefeld
aa) Ausgangslage
Rz. 147
Voraussetzung für die Annahme einer ergänzungspflichtigen Schenkung i.S.v. § 2325 BGB ist
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eine objektive Bereicherung des Zuwendungsempfängers und |
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eine Einigung der Vertragsteile darüber, dass eine entsprechende Schenkung vorliegt, die sog. Schenkungsabrede. |
Der Wille der Vertragsteile kann dabei in zweierlei Hinsicht bedeutsam sein: Zum einen kann er bereits bezüglich der Frage der Bereicherung eine Schenkung ausschließen, weil die eine Zuwendung von einer anderen abhängig ist (siehe Rdn 149). Zum anderen kann es trotz einer objektiv vorliegenden Bereicherung am subjektiven Tatbestandsmerkmal der Schenkungsabrede fehlen (siehe Rdn 168 f.). Ausgehend von diesen "Grundbegriffen des Schenkungsrechts" lassen sich Pflichtteilsergänzungsansprüche bei sauberer Vertragsgestaltung erheblich reduzieren, ja mitunter sogar ganz vermeiden.
bb) Zum Ausschluss der Bereicherung: Kausale, synallagmatische und konditionale Verknüpfung von Leistungen
Rz. 148
Sowohl echte Gegenleistungen, aber auch übernommene Lasten und gemachte Auflagen schließen nach zutreffender Meinung in Höhe ihres Wertes eine objektive Bereicherung des Zuwendungsempfängers aus (ausführlich siehe § 7 Rdn 28 ff.). Gemischte Schenkungen sind nur hinsichtlich ihres Schenkungsteils ergänzungspflichtig. Gerade im Bereich der vorweggenommenen Erbfolge, insbesondere bei den traditionellen Übergaben im landwirtschaftlichen oder gewerblichen Bereich, findet sich eine ganze Reihe von Versorgungsrechten, die dem Übergeber für die Übergabe zugesagt werden. Durch entsprechende Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung kann daher die Unentgeltlichkeit und damit der Schenkungsteil oftmals ganz erheblich reduziert werden.
Abbildung: Gegenleistungen und Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs
Rz. 149
Entgeltlichkeit kann aber auch dann vorliegen, wenn das Rechtsgeschäft keine Gegenleistung im Rechtssinne vorsieht, also die Zuwendungsurkunde keine gegenläufige Leistungsverpflichtung des Erwerbers enthält. Der BGH hat ausdrücklich nochmals betont, dass es auch genügt, wenn die Zuwendung Geschäftsgrundlage für eine gleichwertige Leistung des Empfängers ist, also eine "kausale Verknüpfung" vorliegt. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen kann daher eine die Schenkung schon objektiv ausschließende Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung wie folgt erfolgen:
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Synallagmatische Verknüpfung: Hier besteht eine echte Gegenleistungspflicht, die i.d.R. durch einen gegenseitigen Vertrag begründet wird. |
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Konditionale Verknüpfung mit einer Gegenleistung: Hier wird mit der eigenen Leistung eine Gegenleistung des Zuwendungsempfängers erstrebt. Wie beim Synallagma besteht eine finale Bindung. Da aber auf die Erbringung der Leistung des anderen kein einklagbarer Rechtsanspruch besteht, wird deren Erbringung zur Wirksamkeitsbedingung für die eigene Leistungspflicht gemacht. |
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Kausale Verknüpfung: Die Bewirkung der erstrebten Gegenleistung wird hier nicht zur Wirksamkeitsbedingung, sondern nur zur Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) für die eigene Leistung gemacht. Hierunter fallen die gerade im familiären Bereich nicht so seltenen Vorleistungs- und Veranlassungsfälle. |
Abbildung: Leistungsverknüpfungen
Rz. 150
Die Abgrenzung zwischen den einzelnen Verknüpfungen ist zumindest in der Praxis schwierig, primär aber für die Anspruchsgrundlage bei der Rückabwicklung bedeutsam. Gleichsam ein Schulfall für die Arten der Leistungsverknüpfungen ist der vom OLG Düsseldorf entschiedene Fall: Hier wurde keine ausdrückliche zukünftige Pflegeverpflichtung vereinbart (wäre Synallagma), sondern die Übertragung erfolgte ausdrücklich "mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit erbrachten Pflegeleistungen" (kausale Verknüpfung) und weiter "mit Rücksicht auf künftige Pflegeleistungen" (konditionale Zuwendung), was das Gericht als ausreichend ansah und daher zur Verringerung des Schenkungswertes führte.
Rz. 151
Ein Problem aus der Sicht des Erwerbers ist bei solchen konditionalen Verknüpfungen, dass hier ein Rückforderungsrecht des Veräußerers wegen Zweckverfehlung besteht (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Fall BGB), wenn der dadurch verfolgte Zweck nicht erreicht wird. Es ist daher auch und gerade hier eine klare Beschreibung der verknüpften Leistungen erforderlich, um die Zuwendung bestandsfest zu machen. Der sicherste Weg ist jedoch, wenn ein Gegenleistungsverhältnis (Synallagma) begründet wird. Unabhängig von der bei Grundstücksgeschäften ohnehin bestehenden Beurkundungspflicht (§ 311b Abs. 1 BGB) ist es den Vertragsteilen daher dringend zu empfehlen, alle tatsächlich vereinbarten Leistungen auch in die Urkunde aufzunehmen, denn andernfalls ist nicht gewährleistet, dass diese auch mindernd in Ansatz gebracht werden.
Rz. 152
Zu weitreichend und für die Kautelarpraxis nicht gesichert ist die Auffassung, wonach auch gegenläufige Leistungen nichtvermögensrechtlicher Art die Unentgeltlichkeit ausschließen können.