Dr. iur. Sebastian Berkefeld
Rz. 154
Nicht nur im ländlichen Bereich kommt es relativ häufig vor, dass bereits vor der eigentlichen Zuwendung der Erwerber im Vorgriff auf den späteren Erwerb umfassende Leistungen an den dereinstigen Übergeber erbracht hat, etwa laufende Pflegedienste. Bei der rechtlichen Umsetzung dieser Fälle werden immer wieder Fehler gemacht, wenn es darum geht, wie diese "Vorleistungen" mindernd gegen etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche in Ansatz gebracht werden können. Für ihre rechtliche Qualifikation bestehen folgende Möglichkeiten:
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eine kausale Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung, die für solche Vorleistungs- und Veranlassungsfälle charakteristisch ist (siehe Rdn 149). Ohne eine rechtliche Verpflichtung oder ohne rechtlich verbindliche Rechtsgrundabrede erfolgt eine Zuwendung, um den Leistungsempfänger mit dessen tatsächlich vereinbarten Einverständnis zu einem rechtlich sonst nicht durchsetzbaren Verhalten zu veranlassen; |
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eine belohnende Schenkung, bei der sich der Zuwendende ohne eine Rechtspflicht für die frühere Freigiebigkeit des Beschenkten erkenntlich erweist. |
Entscheidend für die Abgrenzung ist der Parteiwille. Daher ist der Wille der Beteiligten zu erforschen und klar zu dokumentieren. Die für die Annahme einer entgeltlichen Zuwendung notwendige Leistungsverknüpfung kann auch durch eine nachträgliche Gewährung einer Vergütung für eine bereits erbrachte Leistung erfolgen, die zunächst ohne Anspruch auf eine solche Gegenleistung erbracht wurde. Man spricht hier von einer sog. vorweggenommenen Erfüllungshandlung. Dies kann der Fall sein, wenn die ursprüngliche Leistung (etwa auch langjährige Pflegeleistung vor der Übergabe) in der erkennbaren Absicht erbracht wurde, für sie eine Entlohnung zu fordern.
Rz. 155
Allerdings muss sich der Rechtsberater davor hüten, dass nicht Scheingeschäfte zustande kommen oder zumindest von der Rechtsprechung angenommen werden. Dies hat etwa der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahre 1996 angenommen: Verspricht der Übergeber dem Erwerber im Überlassungsvertrag eine Vergütung für bereits erbrachte Pflegeleistungen und erlässt der Erwerber diese Schuld sodann in der gleichen Urkunde sofort wieder im Hinblick auf die Grundstückszuwendung, so ist die Würdigung des Instanzgerichts nicht zu beanstanden, dass es sich um ein nichtiges Scheingeschäft (§ 117 BGB) handelt. Der Manipulationsverdacht wird in diesen Fällen häufiger als sonst aufgeworfen werden. Daher sollten die Vertragsteile für die bereits tatsächlich erbrachten Leistungen die Beweise sichern, die einzelnen Leistungen auch in der Urkunde ausführlich auflisten und sich vor Übertreibungen hüten.