Dr. iur. Sebastian Berkefeld
Rz. 107
Lebzeitige Zuwendungen, die nicht unter § 2050 Abs. 1 und 2 BGB fallen, sind demnach nur ausgleichungspflichtig, wenn dies vom Erblasser angeordnet wurde. Die Ausgleichungsanordnung muss dabei spätestens gleichzeitig mit der Zuwendung dem Empfänger so zur Kenntnis gebracht werden, dass er die Zuwendung wegen der Ausgleichungspflicht ablehnen oder durch die Annahme sein Einverständnis damit erklären kann. Die Anordnung kann auch im Voraus für künftige Zuwendungen erfolgen. Die Ausgleichungspflicht kann auch konkludent erklärt werden, was aber aus Gründen der Rechtssicherheit vermieden werden sollte. Daher sind für die Ausgleichungsanordnung klare Begriffe zu verwenden und schwammige Ausdrücke zu vermeiden (siehe Rdn 77). Die Ausgleichungsanordnung ist an keine Form gebunden, es sei denn, die Zuwendung selbst ist formbedürftig (z.B. § 311b Abs. 1 BGB). Sie ist keine Auflage, sondern eine das Erbrecht gestaltende Anordnung, was zur Folge hat, dass sie nur auf erbrechtliche Weise wieder aufgehoben werden kann.
Rz. 108
Nach der wohl noch h.M. bedarf es – anders als bei der Anrechnungsbestimmung (§ 2315 BGB) – bei einer Zuwendung an einen Minderjährigen für eine wirksame Ausgleichungsanordnung keiner Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
Rz. 109
Die Ausgleichungsanordnung kann auch unter Bedingungen getroffen werden. Insbesondere ist möglich, dass sich der Erblasser eine nachträgliche Anordnung der Ausgleichungsverpflichtung in einer Verfügung von Todes wegen ausdrücklich vorbehält, wenn er u.U. doch noch die gesetzliche Erbfolge eintreten lassen will und dann die Ausgleichungsmöglichkeit benötigt. Kommt es aber zur gewillkürten Erbfolge, dann schadet die Ausgleichungsanordnung, weil sie über § 2316 BGB zwingend zur Erhöhung des Pflichtteils der anderen Abkömmlinge führt. Alternativ kann bei solchen Zuwendungen, die nicht kraft Gesetzes ausgleichspflichtig sind, bestimmt werden, dass die Ausgleichungspflicht nur bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge gelten soll, nicht aber bei der gewillkürten Erbfolge mit der nachteiligen Erhöhung des Pflichtteils durch die Ausgleichung. Liegt eine gewillkürte Erbfolge vor, bei der die Pflichtteilsfragen besonders relevant werden, so tritt dann gerade keine ausgleichungsbedingte Erhöhung der Pflichtteile über § 2316 BGB ein, da die Bedingung für die Ausgleichung ausgefallen ist.
Rz. 110
Hinweis: Ausgleichungspflicht nur bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge
Nur wenn die gesetzliche Erbfolge nach dem Schenker eintritt, hat der Beschenkte den Verkehrswert der Schenkung, und zwar um den Kaufkraftverlust berichtigt, im Verhältnis zu den übrigen Abkömmlingen des Schenkers nach §§ 2050 ff. BGB auszugleichen; auf die Berechnung des Pflichtteils (§ 2316 BGB) soll diese Ausgleichungsanordnung ausdrücklich keinen Einfluss haben.