Rz. 78

Bei der ES3.0 ist es möglich, dass dem durchführenden Messbeamten innerhalb des Messaufbaus Fehler unterlaufen sind. Des Weiteren können auch die Auswertekriterien von dem Auswertebeamten nicht beachtet worden sein. Dadurch können die Anforderungen, die für eine Plausibilitätsbewertung vorgegeben sind, möglicherweise nicht eingehalten werden.

So lässt sich häufig ein Überfahren oder nicht Erreichen der Fotolinie dadurch erklären, dass das gemessene Fahrzeug aufgrund des Sonnenstandes entweder einen vorauseilenden Schatten aufwies oder der Sensor die Fahrzeuge zu hoch abtastete, so dass höher liegende Bauteile erfasst wurden.

In solchen Fällen kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein Gerätedefekt vorgelegen haben könnte. Daher ist es ratsam, eine Signalanalyse durchzuführen, um sicherzustellen, dass es sich nicht um einen Messfehler handelt.

 

Rz. 79

Bei der ES3.0 stellt der Hersteller die Rohmessdaten der Messung zur Verfügung, um eine Signalauswertung der Sensordaten zu ermöglichen. Damit kann zweifelsfrei der gemessene Geschwindigkeitswert berechnet werden und eine Zuordnung zu dem fotodokumentierten Fahrzeug hergestellt werden. Eine Überprüfung möglicher technischer Fehler ist dadurch möglich.

 

Rz. 80

Die Falldatei kann auf die Internetplattform des Herstellers hochgeladen werden. Auf dieser Internetplattform ist eine Extrahierung der Rohmessdaten aus der Originalfalldatei möglich. Hier können die gemessene Geschwindigkeit und auch die Güte der Rohmessdaten festgestellt werden. Dabei zeigen sich u.a. auch unseriöse Prüfbereiche, die darauf hinweisen, dass das Fahrzeug hier z.B. in Höhe der Räder oder der Motorhaube abgetastet wurde (Abbildung 4 (a) und (b), Rdn 81).

 

Rz. 81

Abbildung 4: (a) Hier hat ein VW Golf die Fotolinie weit überfahren, so dass eine Fehlfunktion der Messanlage nicht ausgeschlossen werden konnte. Somit wurde eine Auswertung der Sensorsignale durchgeführt. (b) Zeigt die zugehörige Zuordnung des Signalverlaufes zum Betroffenenfahrzeug. Es ist zu erkennen, dass die Messanlage das Fahrzeug in Höhe der Motorhaube abtastete.

 

Rz. 82

Es ist nicht unumstritten, dass über das Internetportal eine ESO-eigene Software die Auswertung der Sensordaten übernimmt. Daher können über den Internetauftritt und mit der Auswertesoftware esoDigitales II Viewer auch die Rohdaten selbst exportiert werden. Werden diese Rohmessdaten selbst ausgewertet, können die einzelnen Signalverläufe separat dargestellt und überlagert werden (Abbildung 4 (b) und 5 (a), Rdn 81, 83). Ebenfalls sind Korrelationsrechnungen möglich (Abbildung 5 (b) Rdn 83), die auf ein gleiches Ergebnis kommen sollten, wie die Berechnungen auf der Internetplattform. Hier ist eine unabhängige Überprüfung der Messergebnisse der Messanlage möglich.

 

Rz. 83

Abbildung 5: Zeitliche Überlagerung der einzelnen Sensorsignale die aus den Rohdaten gewonnen werden konnten. Die zugehörige Kreuzkorrelation ist in (b) gezeigt. Dabei entspricht eine Zeit von 8,5 ms einer Geschwindigkeit von 105 km/h.

 

Rz. 84

Anhand dieser Rohmessdaten kann der Geschwindigkeitswert nachvollzogen, die Abstandsmessung ggf. kontrolliert und der Signalverlauf einem Fahrzeug zugeordnet werden.

a) Messaufbau (Messbeamter)

 

Rz. 85

Laut Gebrauchsanweisung muss die Fotolinie auf einem Foto der Messreihe dokumentiert werden (vgl. Rdn 71). Im Gegensatz dazu wird aber in der Gebrauchsanleitung geschrieben, dass der Fotopunkt bzw. die Fotolinie keine messrelevante Bedeutung haben soll und lediglich zur Erleichterung der Zuordnung der Fahrzeuge dient. Die Fotoposition wäre auch aus den Positionen mehrerer fotografierter Fahrzeuge erkennbar. Diese Formulierung ist durchaus als problematisch anzusehen, da, falls ein Fehler der Messanlage vorliegt, alle Fahrzeuge an der falschen Position fotografiert werden könnten. Somit wäre es nicht möglich, anhand der Fotodokumentation einen Messfehler oder einen Defekt der Messanlage festzustellen. Aufgrund dessen ist es unabdinglich, dass auf mindestens einem Messfoto die Fotolinie dokumentiert wurde. Dieses dient dann nicht der Zuordnung der Fahrzeuge oder der Zuordnung eines Geschwindigkeitswertes, sondern nur der Kontrolle der Funktionstüchtigkeit der Anlagen.

Bei der Fotoliniendokumentation ist die praktische Umsetzung häufig problematisch. So werden oftmals Pylonen verwendet, deren Grundmaß 30 × 30 cm beträgt. Die Abstandsmessung zur Fotolinie hat geräteintern eine maximale Toleranz von ± 33 cm, sodass das Maß der Pylonen dieses schon fast abdeckt. Ist nun nicht direkt ersichtlich, welche Lage der Pylonen als Fotolinienlage angenommen werden kann, befindet man sich schnell außerhalb des Toleranzbereiches der Messung.

Zu beachten ist, dass bei der Verwendung von Leitkegeln, o.ä. die Kameraposition nach Erstellung der Fotoliniendokumentation nicht verändert wird. In der Abbildung 6 (Rdn 86) ist ein Beispiel gezeigt, bei dem ein Motorrad fotografiert wurde. Es kann aber keine Zuordnung durchgeführt werden, da sich die Position der Kamera nach Erstellung der Fotoliniendokumentation v...

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