Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
I. Inbesitznahme des Nachlasses und Bestandsaufnahme
Rz. 11
Die Inbesitznahme des Nachlasses bedeutet, dass der Testamentsvollstrecker tatsächlichen Einfluss auf die Nachlassgegenstände haben muss. Das hat zur Folge, dass er beispielsweise auch für die Absicherung des Hauses verantwortlich ist. Hierzu gehört auch eine ausreichende Versicherung von Haus, Hausrat und Eigentümerhaftpflicht. Unzureichende Versicherungen sind zu erweitern, fehlende neu abzuschließen. Befinden sich Nachlassgegenstände bei Dritten, sind sie dort herauszufordern. Sollen Erinnerungsgegenstände an Familienangehörige oder Freunde herausgegeben werden, ist stets darauf zu achten, dass dies im Einverständnis mit den eigentlich zuständigen Erben geschieht und dieses Einverständnis sowie die Herausgabe schriftlich dokumentiert und zu den Akten genommen wird.
II. Inbesitznahme von Wohnung und Haus
Rz. 12
Die Maßnahmen zur tatsächlichen Inbesitznahme sind von Nachlass zu Nachlass sehr unterschiedlich. Generell gehören hierzu:
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Absicherungsmaßnahmen ergreifen (Schlösser austauschen, Türen/Fenster geschlossen halten, Bewachung während der Beerdigung oder bei abgelegenen Objekten veranlassen, besondere Absicherung erforderlich für wertvolle Hausratsgegenstände, Kunstsammlungen, Teppiche usw.); |
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Versorgung der Haustiere und Pflanzen sicherstellen, ggf. Tierschutzverein einschalten. |
III. Kontaktaufnahmen
Rz. 13
Eine Vorstellung des Testamentsvollstreckers bei den Erben entspricht nicht nur der Höflichkeitsformel, sondern hilft dem Testamentsvollstrecker auch, Spannungen von Anbeginn der Vollstreckung an möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen. Das erleichtert ihm seine Amtsführung erheblich und ist damit bereits der erste Schritt für einen erfolgreichen Abschluss der Vollstreckung, beispielsweise mit einer einverständlichen Vergütungsregelung und Entlastungsvereinbarung. Weiterhin empfiehlt sich eine Kontaktaufnahme zu folgenden Informanten, soweit im konkreten Fall relevant:
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Arbeitgeber |
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Vermieter (Schönheitsreparaturen, Kündigung, Räumung der Wohnung) |
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Steuerberater |
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Berufsgenossenschaft |
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Kfz-Meldestelle |
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Kirche |
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Krankenkasse |
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Kreditkarteninstitut |
IV. Erbenermittlung
Rz. 14
Es ist natürlich auch denkbar, dass die Erben zunächst noch ermittelt werden müssen. Mitunter ist diese Aufgabe aufwendig, weil die Familienverhältnisse nicht bekannt oder – gerade bei familienexternen Testamentsvollstreckern – schwer aufzuklären sind. Die Nachwirkungen der Kriegszeiten der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in Europa bedingen weitere Schwierigkeiten. Selbst bei bekannten Familienverhältnissen ist es aufgrund der Uneinheitlichkeit der Stammbücher in Europa, der oftmals zu beobachtenden fehlenden Bereitschaft ausländischer Behörden zur Kommunikation mit Testamentsvollstreckern, aber auch schlicht nur wegen fehlender Sprachkenntnisse für den Testamentsvollstrecker oftmals sehr schwierig, die Erbrechtsfolge zweifelsfrei festzustellen. Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers, den wahren Erben zu ermitteln, ist dadurch noch deutlicher in den Fokus gerückt. Mittlerweile hat das Phänomen der unbekannten Erben eine Dimension angenommen, die sogar zu einer kleinen Anfrage im Deutschen Bundestag geführt hat.
Rz. 15
Abhilfe versprechen Erbenermittler. Dieser Berufsstand hat sich mittlerweile in Deutschland etabliert. Sie bilden damit – zusammen mit dem Testamentsvollstrecker – ein wichtiges Korrektiv zu dem in Deutschland schwach ausgeprägten System der staatlichen Nachlassfürsorge.
Üblicherweise wird als Honorar ein bestimmter Prozentsatz vom Nachlasswert verlangt, wobei Sätze von 20–40 % anzutreffen sind. In der Rechtsprechung wird ein Honorar in Höhe von 10–30 % des Erbes als angemessen angesehen. Gegen eine an einem Prozentsatz des Nachlasses orientierten Vergütung ist einzuwenden, dass eine solche Vereinbarung bei großen Erbschaften zu vergleichsweise hohen Honoraren führen kann. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der für den Ermittler entstehende Aufwand naturgemäß großen Schwankungen unterliegt, wobei ein erheblicher Teil zu einem Zeitpunkt geleistet wird, in dem der Abschluss eines Honorarvertrags ungewiss ist. Zudem hat der Ermittler keinen Einfluss auf die Höhe der Erbschaft, anfangs oftmals wohl auch keine genaue Kenntnis. Die Vereinbarung eines anteilig bemessenen Erfolgshonorars ist daher generell nicht unsachgerecht.
Rz. 16
Die Vereinbarung von Stundenhonoraren mit den drei großen Erbenermittlern in Deutschland im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen ist aber durchaus möglich und erscheint aufgrund der besseren Nachvollziehbarkeit für die Erben auch sachgerechter und damit im Ergebnis auch fairer, als eine vom Aufwand losgelöste Vergütung, die bei dem Erben den Eindruck vermittelt, er müsse mit seinem Honorar andere, für den Erbenermittler weniger ertragreiche Tätigkeiten mitbezahlen.
Rz. 17
Auf der Vergütungsebene sollte der Testamentsvollstrecker verschiedene Angebote einholen. Auch erscheint es durchaus denkbar, mit dem Erbenermittler Honorare zu vereinbaren, die unter den oben genannt...