Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 23
Auch bezüglich der Aktiva unterscheiden sich die zu vollstreckenden Nachlässe sehr. Gut strukturierte, idealerweise durch ein zielgerichtetes Estate Planning vorbereitete Nachlässe sind hier sicherlich deutlich besser aufgestellt als die ungeplanten Vermögen. Typischerweise finden sich in derartigen Nachlässen folgende Vermögenswerte:
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Bankvermögen |
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Wertpapierdepots |
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Bausparverträge |
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Lebensversicherungsverträge |
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Grundvermögen |
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Beteiligungen |
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Auslandsvermögen |
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Ansprüche auf Sterbegeld (Beihilfe, BeamtenversorgungsG, berufsständische Versorgungswerke, private Versicherungsleistungen). |
Die ersten Rückschlüsse auf Bankvermögen lassen sich regelmäßig über aufgefundene Kontoauszüge ziehen. Es ist darauf zu achten, dass diese Kontoauszüge auch über einige Jahre rückwärts vorliegen, um gegebenenfalls Ansprüche, die gegen den Nachlass erhoben werden, abwehren zu können. Darüber hinaus ermöglicht die Kenntnis über zurückliegende Zahlungsvorgänge Rückschlüsse auf das finanzielle Gebaren des Erblassers.
Rz. 24
Es kann mitunter vorkommen, dass der Erblasser Vermögen auf alten, vergessenen Konten oder Sparbüchern hatte, über deren Existenz die Erben nichts wissen. Wie jedoch findet man heraus, ob es noch alte Konten gibt? Die früher häufig gegebene Empfehlung einer einfachen Nachfrage beim Bundesverband Deutscher Banken oder dem Bundesverband Mittel- und Ostdeutscher Länder e.V. ist überholt. Die Verbände haben aufgrund der hohen Zahl an Anfragen diese Form der Hilfestellung eingestellt.
Rz. 25
Zunächst ist zu differenzieren, ob lediglich die Erben keine Kenntnis von dem Konto haben oder ob dieses auch beim Erblasser vor dessen Tod in Vergessenheit geraten ist. Sofern kein Kontakt mehr zwischen der Bank und ihrem Kunden besteht, können das Einwohnermeldeamt oder die Umzugsdatenbank der Deutschen Post zu Rate gezogen werden. Sofern 30 Jahre lang keine Kontobewegungen verzeichnet werden und auch ein letzter Versuch, den Kontobesitzer ausfindig zu machen, ins Leere gelaufen ist, muss das Guthaben ausgebucht werden.
Rz. 26
Erben können einen förmlichen Antrag auf Kontennachforschung beim Bundesverband deutscher Banken (BdB) stellen. Wenn dieses erfolgreich ist, also ein verwaistes Konto gefunden wurde, dann ist die jeweilige Bank in Deutschland dazu verpflichtet, das Guthaben auszuzahlen. Dieser Auszahlungsanspruch gilt auch nach mehr als 30 Jahren, sofern entsprechende Nachweise erbracht werden können. Auch die handelsrechtlichen Aufbewahrungspflichten lassen den Anspruch nicht untergehen. Um ein Nachforschungsverfahren anzustrengen, ist eine Legitimation erforderlich.
Praxishinweis
Die Ermittlung der Bankkonten ist für den Testamentsvollstrecker zunehmend schwieriger geworden. Die Aufforderungen an den Testamentsvollstrecker dürfen nicht überspannt werden. Er ist kein Detektiv. In erster Linie hat es der Erblasser selbst in der Hand, für klare Verhältnisse im Nachlass zu sorgen. Eine Anfrage an die Banken im Bereich der letzten Wohnorte des Erblassers dürfte daher im Regelfall genügen. Die ebenfalls häufig zu hörende Empfehlung, das Erbschaftsteuerfinanzamt um Übersendung einer Kopie der Meldungen der Banken nach § 33 ErbStG zu bitten, ist in der Praxis nur teilweise hilfreich. Außerhalb eines Besteuerungsverfahrens gibt es keinen Anspruch auf Auskunftserteilung.
Rz. 27
Auch Nachlasspfleger und Testamentsvollstrecker sind verpflichtet, sich bei ihrer Amtsführung an die strengen Vorgaben des Geldwäschegesetzes zu halten. Dies gilt auch für in dieser Funktion tätige Rechtsanwälte, ungeachtet dessen, dass sie Organ der Rechtspflege sind. Die Legitimierung gegenüber einer Bank durch Vorlage einer Bestellungsurkunde oder des Testamentsvollstreckerzeugnisses genügt ebenso wenig wie die Übersendung einer notariell beglaubigten Ablichtung des Personalausweises.
Banken sind verpflichtet, die allgemeinen geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten zu erfüllen, § 10 Abs. 1 Nr. 1–4 GWG. Diese Pflicht beinhaltet eine ordnungsgemäße Identitätskontrolle und eine Mitwirkungspflicht der Kunden oder deren Vertreter und macht damit auch vor Nachlasspflegern nicht halt.
Rz. 28
Die Übersendung einer notariell beglaubigten Ablichtung eines Personalausweises durch den Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker genügt zur Erfüllung der geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten nicht aus, weil sie eine gemäß §§ 12 Abs. 1 und 3, 13 GWG vorzunehmende Identitätsprüfung durch die Bank nicht ermöglicht. Zwar ist der Personalausweis ein Dokument, anhand dessen gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GWG die Identitätsprüfung erfolgen kann. Dies setzt allerdings voraus, dass dem Verpflichteten der Ausweis im Original von der zu identifizierenden Person vorgelegt wird. Die Übersendung einer notariell beglaubigten Kopie stellt auch kein sonstiges Verfahren im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2 GWG dar. Vielmehr ist eine Inaugenscheinnahme und ggf. haptische Prüfung notwendig.
Rz. 29
Die vom BGH in seinem Urt. v. 20.4.2021 vorg...