Hilmar Stobbe, Dr. Jens Tietgens
Rz. 12
War der durch den Unfall Getötete Dritten (z.B. Ehepartnern oder Kindern) gegenüber gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet, hat der Schädiger diese Verpflichtung zu übernehmen. Im Einzelnen hat er an die Unterhaltsberechtigten eine Geldrente in Höhe der Unterhaltsverpflichtung des Getöteten zu zahlen. Bei wichtigem Grund hat der Schädiger den Hinterbliebenen einen sich aus der kapitalisierten Rente ergebenen Einmalbetrag zu zahlen (§§ 844 Abs. 2 S. 1, 843 Abs. 3 BGB).
Rz. 13
Die Unterhaltsverpflichtung bleibt so lange bestehen, wie sie für den Getöteten bestanden hätte. Die Höhe des Unterhaltsschadens richtet sich nicht danach, was der zum Unterhalt Verpflichtete dem Hinterbliebenen tatsächlich geleistet hat, sondern was er ihm nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften der §§ 1360a Abs. 1 (Ehegattenunterhalt), 1602 Abs. 2, 1610 BGB (Kindesunterhalt) schuldete.
Die Unterhaltsberechtigung richtet sich ausschließlich nach den gesetzlichen Vorschriften, nicht danach, was der Verstorbene meinte, aus einer sittlichen Verpflichtung an Dritte leisten zu müssen. Anspruchsberechtigt sind:
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Ehegatten untereinander, §§ 1360 ff. BGB
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Bei intakter Ehe, § 1360 BGB |
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Während des Getrenntlebens, § 1361 BGB |
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Nach der Scheidung, §§ 1559 ff. BGB |
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Eltern untereinander bei Geburt eines nichtehelichen Kindes, § 1615l BGB |
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Verwandte gerader Linie, § 1601 BGB
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Eheliche Kinder gegenüber ihren leiblichen Eltern |
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Nichteheliche Kinder gegenüber ihren leiblichen Eltern, § 1615a BGB |
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Adoptiertes Kind gegenüber Adoptiveltern, § 1754 BGB |
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Eltern gegenüber ihren Kindern |
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Partner einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, § 3 LPatG |
Kein Anspruch auf Ausgleich eines Unterhaltsschadens haben:
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Verlobte |
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Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft |
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Stiefkinder gegenüber Stiefeltern |
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Berechtigter auf Gewährung eines Altenteils gem. § 14 HöfeO |
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Derjenige, der erst dadurch unterhaltsverpflichtet wird, dass der bislang Unterhaltsverpflichtete verstirbt |
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Derjenige, dessen Unterhaltspflicht sich dadurch erhöht, dass der ebenfalls unterhaltsverpflichtete Ehegatte verstirbt. Es besteht kein Anspruch auf Ausgleich der Unterhaltserhöhung |
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Derjenige, der freiwillig und ohne gesetzliche Verpflichtung Unterhalt leistet |
I. Klage auf Feststellung eines zukünftigen Unterhaltsschadens
Rz. 14
Ist eine Person verstorben, die zum Zeitpunkt des Todeseintritts noch nicht unterhaltsverpflichtet war, bei der jedoch die Möglichkeit besteht, dass sie ohne den Tod zukünftig unterhaltsverpflichtet geworden wäre, können unterhaltsberechtigte Personen u.U. einen Anspruch auf die Feststellung der zukünftigen Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Schädiger haben. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Vater eines minderjährigen Kindes, der mangels eigener Leistungsfähigkeit keine Unterhaltsleistungen erbringt, tödlich verunglückt. Das schützenswerte Feststellungsinteresse resultiert aus der Möglichkeit, dass der Verstorbene zu einem späteren Zeitpunkt (beispielsweise nach dem Ende einer Ausbildung) leistungsfähig geworden wäre. Dieselbe Möglichkeit besteht, wenn ein Kind verstirbt und die unterhaltsberechtigten Eltern behaupten, ohne den Schadensfall hätte die Möglichkeit bestanden, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Unterhaltsverpflichtung des Kindes gegenüber den Eltern eingetreten wäre.
Rz. 15
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Muster 10.3: Feststellungsinteresse der zukünftigen Ersatzverpflichtung
Ein gemäß § 1601 BGB unterhaltsberechtigter Elternteil kann die Feststellung einer Ersatzverpflichtung gem. § 844 Abs. 2 BGB beantragen, wenn die Möglichkeit im Raum steht, dass der verunglückte Sohn bei eigener Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit der Eltern unterhaltspflichtig werden würde. Begründet ist das Begehren dann, wenn nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die spätere Verwirklichung dieses Unterhaltsanspruchs nicht ausgeschlossen ist. An die Beweiswürdigung ist dabei kein strenger Maßstab anzulegen (BGH, Urt. v. 3.12.1951 – III ZR 119/51 – BGHZ 4, 133; OLG Koblenz, Urt. v. 18.11.2002 – 12 U 1035/01 = NJW 2003, 521; OLG Schleswig, Urt. v. 6.9.2007 – 7 U 34/07, SchlHA 2008, 457; OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.2008 – 3 U 111/08; OLG Hamm, Urt. v. 23.11.2012 – I-9 U 179/11 = FamFR 2013, 103). Die Verpflichtung zur Zahlung von Verwandtenunterhalt nach § 1603 Abs. 1 BGB findet dort ihre Grenze, wo der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt des Berechtigten zu gewähren. § 1603 Abs. 1 BGB gesteht damit jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu, den er zur Deckung seines allgemeinen Bedarfs benötigt (BGH, Urt. v. 18.1.2017 – XII ZB 118/16, MDR 2017, 337; BGH, Urt. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 – BGHZ 209, 243). Maßgebend ist beim Elternunterhalt die Lebensstellung, die dem Einko...