Hilmar Stobbe, Dr. Jens Tietgens
A. Übersicht
Rz. 1
Stirbt ein Geschädigter bei oder infolge eines Verkehrsunfalls, entstehen unterschiedliche Ansprüche, die zur Vereinfachung der Geltendmachung getrennt werden sollten.
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Es entstehen eigene Ansprüche des Geschädigten (z.B. Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden, Behandlungskosten). Die Entstehung des Anspruchs und dessen Höhe hängen auch vom Zeitablauf ab. In der Person des Geschädigten entstehen die Ansprüche bis zu seinem Tod. Mit dem Tod gehen sie durch Universalsukzession auf die Erben über. Insoweit machen sie keine eigenen, sondern übergegangene Ansprüche geltend. |
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Es entstehen originäre Ansprüche Dritter. Hierzu gehören Beerdigungskosten (§ 844 Abs. 1 BGB), Unterhaltsansprüche (§ 844 Abs. 2 BGB) und neuerdings Ansprüche auf Zahlung eines Hinterbliebenengeldes (§ 844 Abs. 3 BGB). Die Anspruchsberechtigten müssen nicht zwingend Erben sein. |
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Es entstehen eigene Ansprüche, soweit ein unmittelbarer Schaden entsteht. Hierzu gehört der Schmerzensgeldanspruch wegen des Schockschadens naher Angehöriger (siehe § 9 Rdn 46 ff.) |
B. Beerdigungskosten
Rz. 2
Bei einem Unfall mit tödlichem Ausgang hat der Schädiger die Kosten der Beerdigung gemäß § 844 Abs. 1 BGB zu ersetzen.
Anspruchsberechtigt ist derjenige, der die Kosten zu tragen hat. In erster Linie ist dies der Erbe (§ 1968 BGB), bei mehreren Erben die Erbengemeinschaft. Stirbt ein Unterhaltsberechtigter, trägt die Kosten der Beerdigung der Unterhaltsverpflichtete, soweit die Kosten vom Erben nicht zu erlangen sind (§ 1615 Abs. 2 BGB). Anspruchsberechtigt kann auch der Partner der eingetragenen Lebensgemeinschaft sein (§ 5 LPartG). In Ausnahmefällen kommen Dritte (z.B. nichteheliche Partner) in Betracht (siehe Rdn 10).
Rz. 3
Die Beerdigungskosten sind auch dann zu erstatten, wenn der Getötete schwerstkrank war und nur noch kurze Zeit zu leben hatte. Überholende Kausalität kann nicht eingewandt werden.
Rz. 4
Der Höhe nach beschränkt sich der Anspruch auf die Haftungsquote des Schädigers. Dem Getöteten ist ein Mitverschulden entgegen zu halten (§ 846 BGB). Das umfasst auch die Betriebs- oder Tiergefahr.
Rz. 5
Der Umfang der Kosten bestimmt sich nach der Angemessenheit. Der Schädiger kann den Anspruch nicht auf das kürzen, was einer notdürftigen Beerdigung entspricht. Der Anspruchsteller ist jedoch auf eine standesgemäße Beerdigung beschränkt, auch wenn der Begriff aus § 1968 BGB gestrichen wurde. Abzustellen ist auf die Lebensstellung des Verstorbenen, seine Herkunft und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Rz. 6
Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören
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Anzeigen und Trauerkarten, |
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Sarg, |
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Grabstelle und Grabstein, |
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Gebühren (kirchliche und behördliche) |
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Trauerfeier mit Bewirtung, |
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Trauerkleidung der Erben (nicht Dritter), wenn den Erben das Tragen von Trauerkleidung aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage sonst nicht möglich wäre (Abzug für Vorteilsausgleich), |
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Erstbepflanzung (nicht laufende Pflege) der Grabstelle, |
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Überführungskosten eines Ausländers in sein Heimatland. |
Welche Beerdigungskosten im Einzelnen noch angemessen sind, richtet sich nach den individuellen Verhältnissen des Getöteten und ist demgemäß von Fall zu Fall zu entscheiden. Ausgangspunkt und Kontrollfrage muss stets sein, welche Verpflichtung die Erben im Rahmen des § 1968 BGB trifft, für den Verstorbenen eine angemessene Trauerfeier und Beerdigung zu organisieren.
Rz. 7
Nicht zu ersetzen sind
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die Kosten für ein Doppelgrab (erstattungsfähig sind dann nur die anteiligen, auf den Getöteten entfallenden Kosten), |
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die Kosten der weiteren Grabpflege, |
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der Nachlassverwaltung oder Testamentseröffnung, |
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frustrierte Aufwendungen (z.B. für eine gebuchte Reise, die unfallbedingt nicht angetreten werden konnte) sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig, |
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Kosten für einen Erbschein. Dies gilt selbst dann, wenn Ansprüche aufgrund der Erbfolge geltend gemacht werden und der in Anspruch genommene Kfz-Haftpflichtversicherer zum Nachweis der Erbfolge die Vorlage eines Erbscheins verlangt. |
Rz. 8
In der Regel sind die Reisekosten eines Angehörigen zur Beerdigung nicht zu erstatten. Eine Ausnahme kann sich ergeben, wenn sich der standesgemäße Aufwand nach fremden Kulturkreisen richtet. Der BGH bejaht eine Erstattungsfähigkeit ausnahmsweise, wenn der nahe Angehörige aufgrund eigener Bedürftigkeit ohne Reisekostentragung des Nachlasses an der Beerdigung nicht teilnehmen könnte.