a) Typischer Sachverhalt
Rz. 42
Der Unternehmer erbringt die vertraglich geschuldeten Leistungen und – wie er meint – auch nicht zum ursprünglichen Vertragsumfang gehörende Arbeiten, für die er eine zusätzliche Vergütung beansprucht. Der Bauherr weigert sich, Nachtragsangebote zu beauftragen und kürzt zunehmend Abschlagsrechnungen mit der Begründung, es lägen umfangreiche Mängel vor. Der Unternehmer fürchtet um seinen Werklohn.
b) Rechtliche Grundlagen
Rz. 43
In dieser Situation kann er unter angemessener Fristsetzung ein Verlangen nach Sicherheitsleistung stellen. Dieses ist bei allen Bauwerkverträgen einschließlich dem über Außenanlagen gesetzlich begründet (außer bei Verträgen mit der öffentlichen Hand und Verbraucherbauverträgen – § 650f Abs. 6 BGB) und vertraglich nicht abdingbar (§ 650f Abs. 7 BGB). Welche Frist angemessen ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Sieben bis zehn Arbeitstage dürften jedoch in aller Regel ausreichen. Im Einzelfall (z.B. unklare Rechtslage, unklare Angaben des Unternehmers zur Höhe der Sicherheit, die erst noch überprüft werden müssen) kann wegen der erforderlich werdenden Einschaltung eines Anwalts eine längere Frist angezeigt sein. Sicherheit kann bis zur Höhe der unter Berücksichtigung von Nachträgen vereinbarten Vergütung (oder eines an die Stelle des Vergütungsanspruchs tretenden Anspruchs, § 648 BGB) zuzüglich 10 % Nebenkosten verlangt werden. Neben den gesetzlich geregelten Sicherheiten (§§ 232 ff. BGB) erwähnt das Gesetz ausdrücklich Garantien oder Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts (§ 650f Abs. 2 S. 1 BGB). Die üblichen Kosten der Sicherheit hat der Unternehmer bis zur Höhe von 2 % jährlich zu erstatten. Leistet der Bauherr innerhalb angemessener Frist keine Sicherheit, kann der Unternehmer die Arbeiten einstellen oder ohne weitere Androhung den Werkvertrag kündigen (§ 650f Abs. 5 BGB). Nach dem Willen des Gesetzgebers steht der Anspruch dem Unternehmer auch noch nach der Abnahme oder einer Kündigung zu. Es kann sich anbieten, den Anspruch eigenständig vor einem Werklohnprozess einzuklagen, weil der Besteller in seinen Verteidigungsmöglichkeiten gegen den Anspruch stark eingeschränkt ist. Insbesondere sind Mängelansprüche nur zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig oder rechtskräftig festgestellt sind. Aufgrund von Grundsatzentscheidungen des BGH ist geklärt, dass
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jede erbrachte und noch nicht bezahlte Leistung in die Berechnung der Sicherheit einfließt, |
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die Sicherheitsleistung auch bei Zahlungsplänen auf die volle Höhe geht, |
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das Vorliegen von Mängeln nicht die Höhe der Sicherheitsleistung beeinträchtigt, |
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eine allgemeine Ankündigung der Bank, es stünde Geld für dieses Bauvorhaben zur Verfügung, nicht ausreicht; der Unternehmer muss einen direkten Anspruch gegen die Bank erwerben, |
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ein zu hohes Sicherheitsverlangen unbeachtlich ist, wenn der Bauherr nach den Grundsätzen der Zuvielmahnung die forderbare Sicherheit berechnen kann. |
c) Muster: Sicherheitsverlangen nach § 650f BGB
Rz. 44
Muster 10.9: Sicherheitsverlangen nach § 650f BGB
Muster 10.9: Sicherheitsverlangen nach § 650f BGB
Aufgrund des Werkvertrages vom _____ erbringen wir für Sie _____-Arbeiten für das Bauvorhaben _____ in _____. Wir haben einen Pauschalpreis von _____ EUR vereinbart. Hierauf haben Sie Abschlagszahlungen in Höhe von _____ EUR erbracht, so dass noch _____ EUR offen stehen. Darüber hinaus haben Sie nach Vertragsschluss als Zusatzleistungen _____ (z.B. raumhoher Fliesenspiegel und Bordüren) in Auftrag gegeben, die wir Ihnen für _____ EUR angeboten haben. Mit Auswahl von _____ (z.B. Fliesen der Sonderkollektion Rapallo) haben Sie den vertraglich festgelegten Materialpreis von _____ EUR/m2 um _____ EUR überschritten, was bei _____ m2 zu einer weiteren Werklohnerhöhung um _____ EUR führt.
Wir bitten Sie, eine Sicherheit nach § 650f BGB in Höhe von _____ EUR nebst 10 % für Nebenleistungen, insgesamt also in Höhe von _____ EUR bis zum _____ zu leisten.