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Der alten HOAI 2009 war vorgeworfen worden, sie begünstige den Planer, wenn das Bauvorhaben teurer werde. In der Tat wurde der Architekt für die Entwurfsplanung nach den von ihm selbst ermittelten Kosten (Kostenberechnung) bezahlt, für die Ausführungsplanung bis zur Vergabe nach den sich aus den Unternehmerangeboten ergebenden Kosten und hinsichtlich der Bauüberwachung nach den tatsächlichen Kosten des Bauvorhabens. Seit der Novelle 2009 findet eine Entkopplung statt. Das Honorar soll sich im Normalfall aus der Kostenberechnung ergeben.
Ob damit tatsächlich eine Kostenbremse bei den Architektenhonoraren eingebaut wird, oder ob die Kostenberechnungen fortan großzügiger ausfallen, bleibt noch zu untersuchen. Geschaffen ist nun ein Problem, das sich bisher selten stellte. Planungsänderungen in der Realisierungsphase wurden in der Vergangenheit bei Kostenanschlag und/oder Kostenfeststellung berücksichtigt. Dies ist nunmehr nicht mehr möglich. Stattdessen kann der Architekt nach § 10 Abs. 1 HOAI bei einer Änderung des Leistungsumfangs die Anpassung des Honorars durch schriftliche Vereinbarung verlangen, wenn sich dadurch die anrechenbaren Kosten erhöhen. Kommt die Vereinbarung nicht zustande, soll der Architekt unmittelbar ein erhöhtes Honorar einklagen können. Ein entsprechender Anspruch auf Anpassung steht dem Auftraggeber zu, wenn sich die anrechenbaren Kosten verringern. Der genaue Umfang der Honoraranpassung ist nicht geregelt. Aus einer Klarstellung gegenüber der Vorgängerregelung in § 7 Abs. 5 HOAI 2009 geht nun immerhin hervor, dass die Honoraranpassung die Bewertung derjenigen Grundleistungen erfassen soll, die hiervon betroffen sind.
Führt eine geänderte Planung zu einer Wiederholung von bereits erbrachten Grundleistungen, so muss man unterscheiden: Ändern sich hierdurch die Honorarparameter, so ergibt sich das angepasste Honorar aus § 10 Abs. 1 HOAI. Bleibt die Planänderung kostenneutral, so greift § 10 Abs. 1 HOAI nach seinem Wortlaut nicht ein. Hierfür regelt aber § 10 Abs. 2 HOAI, dass ein zusätzliches Honorar für die betroffene Grundleistung verlangt werden kann und schriftlich zu vereinbaren ist.
Nach den neuen Vorschriften im BGB ist das Anordnungsrecht des Bauherrn auch für den Architektenvertrag oder Ingenieurvertrag geregelt (§ 650b BGB i.V.m. § 650q Abs. 1 BGB). Für solche Leistungen des Architekten, die in den Anwendungsbereich der HOAI fallen, gilt jedoch nicht die Vergütungsregelung des § 650c BGB, sondern § 650q Abs. 2 BGB, welcher auf die HOAI verweist. Ob dieser Verweis nach dem EuGH-Urteil vom 4.7.2019 noch angewendet werden darf, ist offen. Haben die Parteien aber vereinbart, dass das Honorar auf Basis der HOAI zu berechnen ist, gilt dies auch für Änderungsleistungen nach § 10 HOAI und § 650b BGB i.V.m. § 650q Abs. 1 BGB, sodass die Vorschriften anwendbar sind.