Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2371
Ein Hauptziel der DRL II ist die direkte Nutzbarkeit von Unternehmensinformationen aus den Registern anderer Mitgliedstaaten. Das soll über ein Bündel spezifischer Maßnahmen und Rechtsinstrumente verwirklicht werden. Das sind:
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Erstens das once only-Prinzip, wonach Dokumente und Informationen für die Gründung einer Tochtergesellschaft sowie die Eintragung einer Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat nicht noch einmal im Zielmitgliedstaat von der Gesellschaft des Ausgangsmitgliedstaats angefordert werden sollen (s.u. Rdn 2372 ff.); |
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zweitens die (inhaltliche) Anerkennung bestimmter Unternehmensinformationen über das EUCC (s.u. Rdn 2378 ff.); |
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drittens der Nachweis der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht für die Transaktionen und Verfahren im Anwendungsbereich der GesRRL über die digitale EU-Vollmacht (s.u. Rdn 2384 ff.); |
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viertens die Befreiung von bestimmten Dokumenten und Informationen von Förmlichkeiten und insbesondere der Apostille (s.u. Rdn 2390 ff.); und |
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fünftens die teilweise Abschaffung des Übersetzungserfordernisses für Dokumente und Informationen (s.u. Rdn 2395). |
a) Vorbemerkung: Keine "horizontale Anerkennung" von Unternehmensinformationen
Rz. 2372
Die spezifischen Maßnahmen und rechtlichen Instrumente für die grenzüberschreitende Nutzung von Unternehmensinformationen bilden ein gut austariertes System, um die Transaktionen und Verfahren im Anwendungsbereich der GesRRL, d.h. insbesondere die Gründung von Tochtergesellschaften und die Eintragung von Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat sowie grenzüberschreitende umwandlungsrechtliche Vorgänge, zielgerichtet zu erleichtern. Wie die Vorabbescheinigung für grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge, bescheinigen das EUCC und die digitale EU-Vollmacht für die Gründung von Tochtergesellschaften sowie deren statusrechtlichen Akte diejenigen rechtserheblichen Umstände im Ausgangsmitgliedstaat, die die zuständigen Stellen im Zielmitgliedstaat nicht prüfen sollen müssen. Bei der Gründung von Tochtergesellschaften und der Eintragung von Zweigniederlassungen greift das "once only"-Prinzip. Gleichzeitig werden Förmlichkeiten und Übersetzungserfordernisse abgebaut.
Rz. 2373
Damit geht die DRL II einen höchst rechtssicheren und effizienten Weg, um gesellschaftsrechtliche Tätigkeit im Binnenmarkt zu fördern: Die im Ausgangsmitgliedstaat rechtserheblichen Umstände werden von den dort zuständigen und sachkundigen Stellen geprüft. Deren Prüfung ist dann im anderen Zielmitgliedstaat anzuerkennen, wodurch eine unsachkundige und die Transaktion hinauszögernde Doppelprüfung vermieden wird. Im Zielmitgliedstaat wiederum prüft die zuständige und sachkundige Stelle die nach dem dortigen Recht maßgeblichen Rechtsumstände. Damit respektiert die DRL II die nationalen Rechtsordnungen und Traditionen, insbesondere wenn sie den Mitgliedstaaten zugleich die konkrete Ausgestaltung ihrer öffentlichen Präventivkontrollsysteme überlässt und anordnet, dass deren unterschiedliche Ausgestaltung kein Grund für einem allgemeine Zurückweisung von Unternehmensinformationen aus einem bestimmten Mitgliedstaat sein darf (ErwG 24).
Rz. 2374
Grundlage für die (inhaltliche) Anerkennung einer Prüfung rechtserheblicher Umstände im Ausgangsmitgliedstaat ist allerdings, wie dargelegt, deren Verlässlichkeit. Diese folgt gerade aus der durch die verpflichtende Präventivkontrolle harmonisierter und offengelegter Unternehmensinformationen. D.h. dort, wo es um Dokumente und Informationen geht, die nicht harmonisiert, einer Präventivkontrolle unterworfen und offengelegt wurden, fehlt die Grundlage für deren Anerkennung. Dem trägt die durch die DRL II geänderte GesRRL klar Rechnung; denn sie ordnet die (inhaltliche) Anerkennung von Unternehmensinformationen nur dort an, wo es diese Grundlage gibt: bei der Vorabbescheinigung (Art. 86m, 127 und 160m GesRRL), bei dem EUCC (Art. 16b Abs. 1 Satz 2 GesRRL-E) und der digitalen EU-Vollmacht (Art. 16c GesRRL-E). Darüber hinaus gibt es keine "horizontale" Anerkennung jeglicher Daten, die in dem Register eines Mitgliedstaates eingetragen sind oder über das BRIS ausgetauscht wurden. Denn sonst müssten Mitgliedstaaten Dokumente und Informationen aus einem anderen Mitgliedstaat als "Nachweis" akzeptieren, obwohl sie in diesem nicht geprüft worden sind und obgleich sie gar keine entsprechende Nachweiswirkungen im nationalen Recht des Verwendungsstaates haben – mangels unionsrechtlicher Harmonisierung auch nicht haben müssen. Ein Beispiel wären Gesellschafterlisten und die in ihnen niedergelegte Gesellschafterstellung, die das Unionsrecht nicht harmonisiert hat. Es verursachte erhebliche Rechtsunsicherheit und leistete illegalen Aktivitäten wie der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Vorschub, wenn Deutschland ungeprüfte Gesellschafterlisten aus anderen Mitgliedstaaten inhaltlich anerkenn müsste, selbst wenn die Gutglaubenswirkung von Gesellschafterlisten in Deutschland selbst nur eine eingeschränkte ist (§ 16 GmbHG).
Rz. 2375
Eine "horizontale", inhaltliche Anerkennungspflicht gilt auch nicht hinsichtlich...