Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2094
Als zweite originäre Gründungsvariante sieht die SE-VO in Art. 2 Abs. 2 die Gründung einer Holding-SE vor. An der Gründung einer Holding-SE können sowohl AG wie auch GmbH i.S.v. Anhang II zur SE-VO teilnehmen. Der internationale Bezug kann dadurch hergestellt werden, dass mindestens zwei der an der Gründung beteiligten Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. a) SE-VO) oder mindestens zwei der Gründungsgesellschaften seit mindestens 2 Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b) SE-VO).
Die Gründungsvariante der Gründung einer Holding-SE ist den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der EU bis auf der Rechtsordnung Luxemburgs unbekannt.
Rz. 2095
Im Ergebnis stellt sich die Rechtsanwendung bei der Gründung einer Holding-SE sehr kompliziert dar. Wegen der eindeutigen systematischen Stellung und des Wortlauts des Art. 9 SE-VO verbietet es sich, auf die allgemeine Verweisung des Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) ii) SE-VO zurückzugreifen. Art. 9 SE-VO bezieht sich eindeutig nur auf die bestehende Europäische Gesellschaft (SE) und nicht auf die Gründungsgesellschaften. Es wird vorgeschlagen, die Verweisungsnorm des Art. 18 SE-VO für die Gründungsgesellschaften doppelt analog heranzuziehen, um auf diese Weise in das nationale Umwandlungsrecht zu gelangen. Die doppelte Analogie liegt darin begründet, dass die nationalen Rechtsordnungen – bis auf die Luxemburgs – kein entsprechendes Verfahren vorsehen. Zunächst wird durch die analoge Anwendung des Art. 18 SE-VO erreicht, dass eine Verweisung in das nationale Recht besteht. Da die nationalen Rechtsordnungen nur Regelungen zu Verschmelzungen enthalten, müssen diese ebenfalls analog auf eine Holding-Gründung angewandt werden. Daher ist eine doppelte Analogie notwendig. Alternativ ist vorgeschlagen worden, auf allgemeine Grundsätze des europäischen Gesellschaftsrechts zurückzugreifen.
Letztendlich kommen beide Ansichten zu denselben Ergebnissen. Es ist nicht zu übersehen, dass der Verordnungsgeber die Gründung einer Holding-SE als Parallele zur Gründung einer Verschmelzung ausgestaltet hat. Deshalb muss sich der Ablauf der Gründung einer Holding-SE dort, wo die SE-VO keine spezielleren Regelungen enthält, an den Ablauf der Gründung einer Europäischen Gesellschaft (SE) durch Verschmelzung anlehnen.
Hinweis
Das komplizierte Regelungsgefüge bei der Gründung einer Holding-SE lässt diese Gründungsvariante als sehr unattraktiv erscheinen. Bisher sind nur sehr wenige SE-Gründungen bekannt geworden, bei der die Gründungsvariante der Holding-Bildung gewählt worden ist.
a) Ablauf der Holding-Gründung
Rz. 2096
Auch die Gründung einer Holding-SE ist in die drei üblichen Phasen einzuteilen:
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Vorbereitungsphase, |
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Beschlussphase und |
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Vollzugsphase. |
b) Vorbereitungsphase
aa) Aufstellung des Gründungsplans
Rz. 2097
Die Leitungs- bzw. Verwaltungsorgane der an der Gründung der Holding-SE beteiligten Gründungsgesellschaften müssen gem. Art. 32 Abs. 2 SE-VO einen gleichlautenden Gründungsplan für die Europäische Gesellschaft (SE) aufstellen. Art. 32 SE-VO setzt den Gleichlaut der Gründungspläne explizit voraus, während die Parallelvorschrift des Art. 20 SE-VO diesen Aspekt nicht erwähnt.
bb) Inhalt des Gründungsplans
Rz. 2098
Art. 32 Abs. 2 Satz 3 SE-VO verweist für die Mindestangaben des Gründungsplans auf Art. 20 Abs. 1 SE-VO, die Buchst. d) und e) ausgenommen. Der Gründungsplan muss nicht den Zeitpunkt des Beginns der Gewinnberichtigung und den Zeitpunkt des Übergangs der Rechnungslegung vom übertragenden zum aufnehmenden Rechtsträger angeben. Dies ist insoweit folgerichtig, als dass es bei der Gründung der Holding-SE nicht zu einer Vermögensübertragung der Gründungsgesellschaften und zu deren Auflösung kommt.
Der Gründungsplan zur Gründung einer Holding-SE muss folgende Mindestangaben enthalten:
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Firma und Sitz der Gründungsgesellschaften und der Europäischen Gesellschaft (SE), |
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das Umtauschverhältnis der Aktien und die Höhe der ggf. zu gewährenden Ausgleichsleistung, |
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die Einzelheiten zur Übertragung der Aktien der Europäischen Gesellschaft (SE), |
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die gewährten Sonderrechte, |
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die Vorteile für sonstige Beteiligte, |
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die Satzung der Europäischen Gesellschaft (SE), |
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den Gründungsbericht, |
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das Verfahren zur Bestimmung des Mitbestimmungsmodells. |
cc) Einbringungsquote
Rz. 2099
Der Gründungsplan muss gem. Art. 32 Abs. 2 Satz 4 SE-VO den Prozentsatz ang...