Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2280
Die Hauptversammlung in der KGaA hat dieselben Kompetenzen wie die Hauptversammlung einer AG (§ 119 AktG; "Holzmüller-Fälle"). Weiter repräsentiert die Hauptversammlung nach § 278 Abs. 2 AktG die Gesamtheit der Kommanditaktionäre im Verhältnis zu den Komplementären. Gemeint sind damit Fragen der Geschäftsführung. Maßgeblich ist insoweit das HGB. Personengesellschaftsrecht ist ferner maßgebend für solche Zuständigkeiten in Satzungsfragen, die sich nach dem HGB bestimmen (§ 278 Abs. 2 AktG), etwa die Aufnahme neuer Komplementäre, die Erbringung von Vermögenseinlagen oder die Regelung der Geschäftsführung und Vertretung einschließlich ihres Entzugs. In den Grenzen der Kernbereichslehre und des Bestimmtheitsgrundsatzes können weitere statutarische Zuständigkeiten begründet werden.
Rz. 2281
Eine autonome Zuständigkeit der Hauptversammlung (autonome Hauptversammlungsbeschlüsse) besteht in den in § 285 Abs. 2 Satz 2 AktG enumerativ genannten Fällen etwa bei der Ausübung von Minderheitenrechten und Kontrollrechten, insb. die Bestellung von Prüfern oder die Geltendmachung von Ansprüchen aus der Gründung und der Geschäftsführung bzw. die Feststellung des Jahresabschlusses (§ 286 Abs. 1 AktG). Eine Zustimmung der Komplementäre ist nicht erforderlich. Gleiches gilt für den Gewinnfeststellungsbeschluss. Str. ist, ob hier ein Zustimmungsrecht für den Komplementär in der Satzung begründet werden kann.
Rz. 2282
Andere Beschlüsse der Hauptversammlung bedürfen der Zustimmung der Komplementäre (zustimmungspflichtige Hauptversammlungsbeschlüsse), wenn bei der KG das Einverständnis des persönlich haftenden Gesellschafters und der Kommanditisten erforderlich ist (§ 285 Abs. 2 Satz 1 AktG). Zustimmungsbedürftig sind z.B. Beschlüsse über Satzungsänderungen und sonstige Grundlagenbeschlüsse. Auch der Wechsel des Komplementärs, den die Hauptversammlung im Wege der Satzungsänderung beschlossen hat, ist zustimmungspflichtig. Weiter fallen darunter Regelungen zur Geschäftsführung oder Maßnahmen, die die Rechtsstellung der Kommanditaktionäre betreffen.
Rz. 2283
Geht es um die Ausschließung eines Komplementärs wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes (§ 289 Abs. 5 AktG), erfolgt dies durch Ausschließungsklage nach § 140 HGB durch alle anderen Gesellschafter. In der KGaA ist die Klage durch die anderen geschäftsführungsbefugten Komplementäre zu erheben, welche der Zustimmung auch der nicht geschäftsführungsbefugten Komplementäre bedürfen. Weiter muss sich der Klage der Aufsichtsrat anschließen, der nach § 287 Abs. 1 und Abs. 2 AktG die Gesamtheit der Kommanditaktionäre vertritt. Hierzu ist ein Beschluss der Hauptversammlung erforderlich. Der Beschluss der Hauptversammlung bedarf wegen des satzungsändernden Charakters einer qualifizierten Mehrheit nach § 179 Abs. 2 AktG bzw. einer Dreiviertelmehrheit nach § 289 Abs. 4 Satz 3 AktG.
Rz. 2284
Zulässig ist eine Klage auf Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis nach § 117 HGB. Dies ist auch im Fall eines einzigen persönlich haftenden Gesellschafters möglich. Notwendig hierfür sind ein Beschluss der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit sowie die Zustimmung aller übrigen, auch nicht geschäftsführenden Komplementäre. Zuständig für die Ausführung des Beschlusses ist der Aufsichtsrat nach § 287 Abs. 1 und Abs. 2 AktG.
Eine Zuständigkeit der Hauptversammlung besteht nach § 289 AktG weiterhin für den Auflösungsbeschluss. Erforderlich ist hierfür die Zustimmung aller Komplementäre.
Weiter besteht eine Zuständigkeit der Hauptversammlung für die Bestellung des Aufsichtsrats (§§ 278 Abs. 3, 101 Abs. 1 AktG). Zusätzlich müssen hier alle Komplementäre zustimmen.
Rz. 2285
In Geschäftsführungsmaßnahmen besteht eine Zuständigkeit der Hauptversammlung nur bei außergewöhnlichen Maßnahmen (§§ 164, 116 Abs. 3 HGB). Hier ist eine Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich (§§ 164 Satz 1 Halbs. 2, 116 Abs. 2 HGB). Für die KGaA bedeutet dies eine Zustimmung der Hauptversammlung. Weiter müssen alle persönlich haftenden Gesellschafter zustimmen. Abweichende Vereinbarungen sind grds. zulässig (s.o. Rdn 2266 ff. und Rdn 2280 ff.).
Rz. 2286
Ebenso besteht eine Zuständigkeit der Hauptversammlung bei Grundlagengeschäften, insb. bei einer Gesamtvermögensveräußerung nach § 179a AktG sowie schließlich bei Umwandlungen und beim Abschluss von Unternehmensverträgen. Bejaht wird eine Hauptversammlungszuständigkeit auch bei Strukturmaßnahmen i.S.d. Holzmüller-Rechtsprechung (str.). Notwendig ist ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss. Dies gilt auch dann, wenn eine Zustimmungspflicht der Kommanditaktionäre zu außergewöhnlichen Maßnahmen nach § 164 HGB in der Satzung ausgeschlossen bzw. dem Aufsichtsrat übertragen wurde.
Rz. 2287
Soll die Zuständigkeit der Hauptversammlung durch die Satzung eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, ist zwischen Aktienrecht und Personengesellschaftsrecht zu unterscheiden. Soweit die Zuständigkeit der Hauptversammlung auf Akt...