Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1856
Das AktG kennt drei Formen der Kapitalherabsetzung:
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die ordentliche Kapitalherabsetzung nach §§ 222–228 AktG, |
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die vereinfachte Kapitalherabsetzung nach §§ 229–236 AktG und |
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die in den §§ 237–239 AktG genannte Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien. |
Rz. 1857
Ziel aller Formen der Kapitalherabsetzung ist die Herabsetzung der Grundkapitalziffer nach den §§ 6 ff. AktG, also das Volumen des gebundenen Vermögens zu verringern. Mit der Herabsetzung der Grundkapitalziffer kann dann ein eingetretener Jahresfehlbetrag gesenkt, die Entstehung von ausschüttungsfähigen Gewinnen erleichtert bzw. die Liquidation eines Teils des zuvor gebundenen Vermögens ermöglicht werden. Dafür sieht das AktG grds. vier Durchführungswege vor:
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bei Nennbetragsaktien durch Herabsetzung des Nennbetrages der Aktien nach § 222 Abs. 4 Satz 1 AktG, |
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durch Zusammenlegung von Aktien nach § 222 Abs. 4 Satz 2 AktG, |
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durch die Einziehung von Aktien nach § 237 AktG und schließlich |
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bei Stückaktien die bloße Herabsetzung der Grundkapitalziffer. |
a) Ordentliche Kapitalherabsetzung
aa) Übersicht
Rz. 1858
bb) Muster: Beschluss über die ordentliche Kapitalherabsetzung
Rz. 1859
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Muster 10.30: Beschluss über die ordentliche Kapitalherabsetzung
1. |
Das Grundkapital der Gesellschaft von 100.000,00 EUR, eingeteilt in 100.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien wird um 50.000,00 EUR auf 50.000,00 EUR herabgesetzt. Die Herabsetzung erfolgt nach den Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung und dient dem Ausgleich von Verlusten. |
2. |
Die Kapitalherabsetzung erfolgt durch Zusammenlegung von Aktien im Verhältnis 2:1. |
3. |
Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates die Einzelheiten der Durchführung der Kapitalherabsetzung zu bestimmen. |
4. |
§ _________________________ der Satzung wird wie folgt neu gefasst: "Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt 50.000,00 EUR und ist eingeteilt in 50.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien." |
cc) Inhalt
Rz. 1860
Bei der Kapitalherabsetzung handelt es sich wie bei der Kapitalerhöhung um eine Satzungsänderung. Notwendig ist ein Beschluss der Hauptversammlung mit einer Kapitalmehrheit von mindestens ¾. Der Kapitalherabsetzungsbeschluss ist notariell zu beurkunden. Die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen (§ 222 Abs. 1 AktG). Soweit verschiedene Aktiengattungen vorhanden sind, sind gem. § 222 Abs. 2 AktG Sonderbeschlüsse nötig, nicht aber bei stimmrechtslosen Aktien.
Rz. 1861
Inhaltlich muss der Kapitalherabsetzungsbeschluss zwingend die Höhe des Herabsetzungsbetrages, den Zweck der Kapitalherabsetzung und die Art der Durchführung angeben (§ 222 Abs. 3 und Abs. 4 AktG). Zulässig ist es, anstelle einer konkreten Angabe des Herabsetzungsbetrages lediglich einen Höchstbetrag anzugeben sowie konkrete Vorgaben zu machen, wie der Kapitalherabsetzungsbetrag zu bestimmen ist. Der Verwaltung darf dabei kein eigenes Ermessen eingeräumt werden.
Rz. 1862
Ebenso muss ein solcher Beschluss ein zeitliches Limit haben. Unter den Voraussetzungen des § 228 Abs. 1 AktG darf der Kapitalherabsetzungsbeschluss auch das Mindestnennkapital des § 7 AktG unterschreiten, soweit gleichzeitig (in derselben Hauptversammlung) dieser Mindestnennbetrag durch eine Barkapitalerhöhung wieder erreicht wird. Auch der Zweck der Kapitalherabsetzung ist in dem Beschluss grds. konkret anzugeben, § 222 Abs. 3 AktG. Allgemeine Umschreibungen genügen dafür nicht.
Rz. 1863
Bei der Art der Kapitalherabsetzung nach § 222 Abs. 4 Satz 3 AktG ist anzugeben, ob das Grundkapital durch Herabsetzung von Nennbeträgen oder (subsidiär) durch Zusammenlegung von Aktien etc. herabgesetzt wird. Fakultativ kann schließlich der Hauptversammlungsbeschluss Einzelheiten über die Durchführung der Kapitalherabsetzung bestimmen.
Beispiele
Regelungen über Umtausch oder Berichtigung der Aktienurkunden etc.
Enthält der Beschluss hierzu keine Angaben, obliegen die Einzelheiten der Durchführung der Verwaltung. Mit Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung wird der Satzungstext unrichtig. Erforderlich ist eine Anpassung des Satzungswortlauts. Zweckmäßig ist hierfür eine Ermächtigung des Aufsichtsrats nach § 179 Abs. 1 Satz 2 AktG.
Rz. 1864
Die Kapitalherabsetzung bedarf keinerlei sachlicher Rechtfertigung. Auch ein Vorstandsbericht analog § 186 Abs. 4 AktG ist nicht erforderlich. Nach Ansicht des OLG Schleswig genügt es z.B., dass ausgleichungsbedürftige finanzielle Verluste tatsächlich bestehen oder zumindest tatsächlich drohen. Die Kapitalherabsetzung darf freilich nicht dazu missbraucht werden, Kleinaktionäre aus der Gesellschaft zu drängen.
Rz. 1865
Der Kapitalherabsetzungsbeschluss ist nach § 223 AktG durch den Vorstand und den Aufsichtsratsvorsitzenden zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Beizufügen sind die notarielle Hauptversammlungsniederschrift über den Kapitalherabsetzungsbeschluss sowie ggf. die Niederschrift über Sonderbeschlüsse als auch ...