Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1611
Nach §§ 142 ff. AktG kann die Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit eine Sonderprüfung zu Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung, insb. auch bei der Durchführung von Kapitalmaßnahmen beschließen. Daneben besteht die Möglichkeit einer Sonderprüfung bestimmter Posten des Jahresabschlusses wegen unzulässiger Unterbewertung (§ 258 Abs. 1 Nr. 1 AktG) und des Anhangs zum Jahresabschluss auf Vollständigkeit (§ 258 Abs. 1 Nr. 2 AktG) sowie einer Sonderprüfung in Konzernverhältnissen nach § 315 AktG.
Rz. 1612
Der Hauptversammlungsbeschluss muss den Sonderprüfer namentlich bezeichnen; § 143 AktG enthält hierzu bestimmte positive und negative Merkmale. Keinesfalls kann die Auswahl des Sonderprüfers dem Vorstand oder anderen überlassen werden.
Rz. 1613
Nach § 142 Abs. 1 Satz 2 AktG besteht ein Stimmverbot für Mitglieder des Vorstands und/oder des Aufsichtsrates, wenn Gegenstand der Sonderprüfung ein Vorgang ist, der mit der Entlastung des Vorstands oder des Aufsichtsrates oder mit der Einleitung eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft und einem Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrates zusammenhängt. Erfasst sind alle Vorstands- und/oder Aufsichtsratsmitglieder, soweit der in Rede stehende Vorgang in ihre Amtszeit fiel. Für Aktionäre, auch Mehrheitsaktionäre, gilt dieses Stimmverbot dagegen nicht.
Rz. 1614
Gegenstand der Sonderprüfung können nur einzelne konkret zu bezeichnende Vorgänge bei der Gründung oder bei der Geschäftsführung, nicht aber bestimmte Zeiträume sein. Hierzu kann die Hauptversammlung zwar ebenso eine Prüfung beschließen. Dabei handelt es sich dann aber nicht um eine Sonderprüfung nach § 142 AktG. Gegenstand der Sonderprüfung ist nur die Tatsachenermittlung, nicht die Klärung von Rechtsfragen. Bei unstreitigen Tatsachen scheidet eine Sonderprüfung deshalb aus. Eine zeitliche Begrenzung für Vorgänge gibt es i.R.d. von der Hauptversammlung beschlossenen Sonderprüfung nach § 142 Abs. 1 AktG nicht.
Rz. 1615
Unzulässig ist eine Sonderprüfung im Zusammenhang mit einem Squeeze-Out. Ein entsprechender Antrag muss nicht zur Abstimmung gestellt werden. Mangels Relevanz ist der Übertragungsbeschluss nicht anfechtbar.
Rz. 1616
Eine Sonderprüfung kann auch von einer Minderheit erzwungen werden, wenn die Hauptversammlung eine Sonderprüfung abgelehnt hat. Eine solche von der Minderheit erzwungene Sonderprüfung kann grds. den gleichen Gegenstand haben wie eine Sonderprüfung, die von der Hauptversammlung beschlossen wurde. Anders als dort besteht hier eine zeitliche Begrenzung für die Überprüfung von Geschäftsführungsvorgängen. Diese dürfen nach § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG nicht länger als 5 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt des ablehnenden Hauptversammlungsbeschlusses zurückliegen. Ausreichend ist ein Antrag bei Gericht von Aktionären, die zusammen mit mindestens 1 % des Grundkapitals oder dem anteiligen Betrag von 100.000,00 EUR an der Gesellschaft beteiligt sind. Dabei müssen die Antragsteller nachweisen, dass sie seit mindestens 3 Monaten vor der Hauptversammlung Inhaber der Aktien sind und dass sie die Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag halten (§ 142 Abs. 2 Satz 3 AktG). Dieser Nachweis kann durch Hinterlegungsbescheinigung geführt werden. Zulässig ist eine Hinterlegung bei Gericht, bei der Gesellschaft selbst oder bei einem Notar. Praktisch bedeutsamer ist die Bestätigung des depotführenden Instituts auf den Tag des Antrags und eine weitere zum Ende des Verfahrens, die sich auf den zurückliegenden Zeitraum bezieht, oder eine Depotbestätigung mit Sperrvermerk.
Rz. 1617
Weitere (materielle) Voraussetzung ist, dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen von Gesetz oder Satzung vorgekommen sind. Bloße Verdächtigungen oder unsubstantiierte Behauptungen genügen nicht. Dringender Tatverdacht ist nicht erforderlich; es genügt, wenn die Unredlichkeit oder Pflichtverletzung wahrscheinlich und nicht nur möglich ist. Unredlichkeit ist zu bejahen bei einem sittlich anstößigen Verhalten, insb. also bei Treuepflichtverletzungen. Nicht sittlich anstößige Pflichtverletzungen sind nur dann ausreichend, wenn sie "grob" sind. Notwendig ist hierfür schuldhaftes Handeln sowie zum anderen eine erhebliche und nicht nur unbedeutende Regelwidrigkeit. Dafür kann auch die Höhe des dadurch verursachten Schadens oder überhaupt die Tatsache, dass ein Schadensersatzanspruch gegen den Handelnden wahrscheinlich ist, eine Rolle spielen.
Hat die Hauptversammlung einen Sonderprüfer bestellt, kann dieser von der Minderheit durch Antrag bei Gericht ausgewechselt werden, insb., wenn er nicht die für den Gegenstand der Sonderprüfung erforderlichen Kenntnisse hat oder Besorgnis zur Befangenheit gibt. Hierfür gilt eine Antragsfrist von 2 Wochen (§ 142 Abs. 4 AktG).
Zuständig für diese Anträge der Minderheit ist nach § 142 Abs. 5 Satz 2 AktG das LG, in dessen B...