Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 2148
Art. 37 Abs. 7 SE-VO fordert einen Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung, zum Umwandlungsplan und die Genehmigung der Satzung der Europäischen Gesellschaft (SE). Für den Ablauf der Hauptversammlung enthält die SE-Verordnung keine Regelungen. Die Verordnung zeigt an dieser Stelle wiederum ihre bewusste Lückenhaftigkeit. Die Lücken sind durch nationale Regelungen zu schließen.
a) Zustimmungsbeschluss
aa) Mehrheitserfordernis
Rz. 2149
Art. 37 Abs. 7 Satz 2 SE-VO verweist im Hinblick auf die Beschlussfassung auf die Durchführungsbestimmungen, die die Mitgliedstaaten zur Umsetzung des Art. 7 der Verschmelzungsrichtlinie erlassen haben. Im Hinblick auf das Mehrheitserfordernis bei einer deutschen AG ist daher auf § 65 Abs. 1 Satz 1 UmwG abzustellen. Die Herleitung aus § 193 UmwG wäre verfehlt, da die Verschmelzungsrichtlinie gerade keine Vorgaben für einen Formwechsel enthält. Danach muss der Zustimmungsbeschluss gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 UmwG mit einer Mehrheit von mindestens ¾ des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals gefasst werden. Von der Bestimmung in Art. 37 Abs. 8 SE-VO hat Deutschland nicht Gebrauch gemacht.
bb) Form
Rz. 2150
Da die SE-Verordnung für die Beschlussfassung auf das nationale Recht verweist, findet insofern auch § 13 Abs. 3 UmwG Anwendung, weshalb der Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung bei deutschen AG notariell beurkundet werden muss.
cc) Virtuelle Beschlussfassung
Rz. 2151
Eine vollständig virtuelle Beschlussfassung ist nicht möglich. Nach Maßgabe der §§ 118 ff. AktG ist jedoch eine teilvirtuelle bzw. hybride Beschlussfassung möglich. Gem. § 118a Abs. 1 Satz 2 AktG müssen lediglich Notar und Versammlungsleiter in Präsenz anwesend sein. Die übrigen Anteilsinhaber bzw. dessen Bevollmächtigten können per Videokonferenz zugeschaltet werden.
b) Organe der Gesellschaft
Rz. 2152
Nach dem Grundsatz der Organkontinuität können die Gesellschafter ihre Ämter weiterführen, soweit das dualistische System beibehalten wird und sich die Größe oder Zusammensetzung der Organe nicht ändert. Da die Gesellschaft ihre rechtliche und wirtschaftliche Identität bei der Umwandlung behält, ist auch die Kontinuität der Gesellschaftsorgane grds. gegeben. Lediglich wenn die Gesellschaft i.R.d. Umwandlung ihr dualistisches Leitungssystem ablegt, müssen die Organe neu bestellt werden, da in diesem Fall eine Ausnahme vom von der ganz h.M. anerkannten Grundsatz der Organkontinuität vorliegt. Eine Veränderung der Organbesetzung kann sich insbesondere aus mitbestimmungsrechtlichen Erfordernissen ergeben. Bei einem Wechsel vom dualistischen in das monistische System ist zu beachten, dass eine Bestellung des Verwaltungsrats und des geschäftsführenden Direktors erforderlich ist.
Zum Teil und mittlerweile überwiegend wird vertreten, dass auch trotz Beibehaltung des dualistischen Systems Amtskontinuität fehlt, wenn die Gründung der SE durch Verschmelzung zur Aufnahme gem. Art. 2 Abs. 1 SE-VO herbeigeführt wird. Die Vertreter dieser Ansicht stützen sich darauf, dass die Verschmelzungen nach dem UmwG und der SE-VO unterschiedlich seien und Letzteres eher einem Formwechsel gleichen würde. Dieses Argument kann jedoch nicht überzeugen. Denn die aufnehmende Gesellschaft besteht identisch als SE fort. Ferner fehlt es an einem Übertragungsakt.