Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
a) Allgemeine Aufgaben
Rz. 910
Hauptaufgabe des Aufsichtsrates ist es, die Tätigkeit des Vorstands gem. § 111 AktG zu kontrollieren und zu überwachen. Inhalt dieser Überwachungspflicht ist eine ex post Kontrolle der Vorstandstätigkeit. Dazu gehört, etwaige Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand zu prüfen und zu verfolgen. Erfasst ist davon ebenso die regelmäßige Beratung mit dem Vorstand über die künftige Geschäftspolitik. In Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten intensiviert sich die Prüfungs- und Überwachungspflicht des Aufsichtsrates.
Rz. 911
Der Aufsichtsrat ist zuständig, den Vorstand zu bestellen und abzuberufen (§ 84 AktG), dem Abschlussprüfer den Prüfungsauftrag zu erteilen (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG) und über den Jahresabschluss nach §§ 170 ff. AktG mit zu entscheiden. Eine Kreditvergabe an Vorstandsmitglieder oder Prokuristen der Gesellschaft sowie an Konzerngesellschaften bedarf nach § 89 AktG der Zustimmung des Aufsichtsrates. Von der Geschäftsführung ist der Aufsichtsrat ausgeschlossen (§ 111 Abs. 4 Satz 1 AktG). Nach § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG kann auf das Innenverhältnis beschränkter Zustimmungsvorbehalt für Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands begründet werden. Eine besondere Zuständigkeit besteht nach § 32 MitbestimmungsG beim Abschluss von Unternehmensverträgen. Der Aufsichtsrat kann als Gesamtorgan handeln. Er kann aber auch bestimmte Aufgaben auf Ausschüsse übertragen (§ 107 Abs. 3 AktG). Dem Gesamtorgan ist es nicht versagt, sich gleichfalls (parallel) mit diesen Dingen zu befassen.
Rz. 912
Hat die Gesellschaft keinen Vorstand und ist führungslos, sind die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder für die Abgabe von Willenserklärungen und Zustellungen passiv empfangsberechtigt (§ 78 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 AktG). Auch besteht eine erweiterte Insolvenzantragspflicht für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder (§ 15a Abs. 3 InsO).
b) Aufgaben im Zusammenhang mit der Hauptversammlung
Rz. 913
Der Aufsichtsrat ist berechtigt und verpflichtet, die Hauptversammlung gem. § 111 Abs. 3 AktG einzuberufen, wenn es das Wohl der Gesellschaft verlangt, z.B., wenn der Vorstand die gebotene Einberufung nicht vornimmt. In den Fällen des § 245 Nr. 5 AktG ist jedes einzelne Mitglied des Aufsichtsrates zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen berechtigt.
Rz. 914
Weiter besteht eine Teilnahmepflicht für die Hauptversammlung (§ 118 AktG) sowie eine schriftliche Berichtspflicht nach §§ 171 Abs. 2, 314 AktG ggü. der Hauptversammlung über seine Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts und des Vorschlags über die Verwendung des Bilanzgewinns. Dieser Bericht ist nach § 175 Abs. 2 AktG von der Einberufung der Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen auszulegen. Auf Verlangen ist eine Abschrift zu erteilen. Der Bericht muss durch einen förmlichen Aufsichtsratsbeschluss festgestellt worden sein. Die Urschrift muss mindestens vom Aufsichtsratsvorsitzenden unterschrieben werden. Der Bericht ist binnen eines Monats nach Vorlage des Prüfungsberichts des Abschlussprüfers zu erstellen (§ 171 Abs. 3 AktG).
Rz. 915
Fehler bei der Berichtspflicht führen zur Anfechtbarkeit darauf aufbauender Beschlüsse, insb. der Entlastungsbeschlüsse für Vorstand und Aufsichtsrat sowie der Wahlbeschlüsse des Aufsichtsrats. Ebenso drohen Schadensersatzansprüche sowie nach § 400 AktG Strafbarkeit.
Rz. 916
Gegenstand der Berichtspflicht ist das Ergebnis seiner Prüfungen nach § 171 Abs. 1 Satz 1 AktG der Rechnungslegung. Nach § 171 Abs. 2 Satz 2 AktG ist anzugeben, in welcher Art und in welchem Umfang die Geschäftsführung geprüft wurde. Die bloße formelhafte Versicherung, der Aufsichtsrat habe die Geschäftsführung aufgrund der Vorstandsberichte und aufgrund gemeinsamer Sitzungen mit dem Vorstand etc. laufend überwacht, genügt nur, wenn es dem Unternehmen gut geht. Der Bericht ist keine reine Formsache. Vielmehr muss der Aufsichtsrat über die einzelnen von ihm vorgenommenen Prüfungsmaßnahmen berichten, insb. über die Zahl der Sitzungen des Aufsichtsrates, über den Gegenstand der einzelnen Prüfungen sowie über die angewendete Prüfungsmethodik. Bei börsennotierten Gesellschaften sind weitere Angaben zu machen (§ 171 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. AktG). Wurde der Abschluss durch einen Abschlussprüfer geprüft, ist nach § 171 Abs. 2 Satz 3 AktG zu dessen Ergebnis der Prüfung Stellung zu nehmen. Nach § 171 Abs. 2 Satz 4 AktG ist in einem Schlussvermerk zu erklären, ob nach Auffassung des Aufsichtsrates Einwendungen zu erheben sind und ob er den aufgestellten Jahresabschluss billigt. Etwaige Einwendungen sind spezifiziert anzugeben.
Rz. 917
Die mit der Prüfungspflicht korrespondierende Berichtspflicht intensiviert sich bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten.