Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 481
Gesellschafterdarlehen sind gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO im Fall einer Insolvenz erst dann zu befriedigen, wenn alle anderen Insolvenzforderungen erfüllt wurden. Wurde ein Rangrücktritt nach § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO vereinbart, sind diese Gesellschafterdarlehen weiter nachrangig und zuletzt zu befriedigen.
Durch diese Regelungen wird die Position der Gesellschafter im Fall der Insolvenz der GmbH wesentlich verschlechtert. Sie werden nun mit sämtlichen Darlehen, die sie der Gesellschaft gewährt haben, zuletzt befriedigt. Unerheblich ist hierbei die Situation, in welcher sie die Darlehen gewährt oder eine wirtschaftlich vergleichbare Handlung vorgenommen haben. Dieser Nachrang setzt sich auch an den für solche Darlehen von der Gesellschaft bestellten Sicherheiten fort.
Sollte eine Tilgung dieser Darlehen gegenüber den Gesellschaftern erfolgen, kann der Insolvenzverwalter diese anfechten und somit einen Rückgewähranspruch der Insolvenzmasse begründen, wenn die Rückzahlung im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags erfolgte (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Wird die Gesellschafterdarlehensforderung innerhalb eines Jahres vor Antragstellung abgetreten und anschließend von der Gesellschaft getilgt, so soll nach Auff. des IX. Senates Anfechtungsgegner sowohl der Zessionar als auch der Gesellschafter sein. Beide seien Gesamtschuldner der anfechtbaren Leistung.
Auch die Verwertung der Sicherheit durch den Gesellschafter kann durch den Insolvenzverwalter angefochten werden, da die Nachrangigkeit der Darlehensforderung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) zur Unverwertbarkeit der dafür bestellten Sicherheit führt. Die Nachrangigkeit aller Gesellschafterdarlehen hat auch die Anfechtbarkeit kurzfristiger Überbrückungskredite zur Folge, wobei fortlaufende Kredite wie ein Kontokorrent zu behandeln sind, d.h. die Anfechtung ist beschränkt auf die Rückführung des jeweils höchsten Darlehensstandes.
Auch die Abtretung einer Gesellschafterdarlehensforderung an einen nicht als Gesellschafter einzuordnenden Dritten ändert nichts an der Nachrangigkeit des Darlehens. Der Zessionar muss sich die Nachrangigkeit entspr. des Rechtsgedankens des § 404 BGB entgegenhalten lassen. Dies gilt, sofern die Abtretung innerhalb der Jahresfrist des § 135 InsO erfolgte. Auch bei Aufgabe der Gesellschafterstellung ist der Darlehensrückzahlungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters nachrangig, wenn er innerhalb der Jahresfrist oder nach Insolvenzantragstellung ausgeschieden ist. Soweit hingegen entweder der Gesellschafter bereits ein Jahr vor Insolvenzantrag die Forderung abgetreten hat oder als Gesellschafter ausgeschieden ist, lässt sich eine Anfechtbarkeit von Zahlungen allein aus dem Umstand heraus, dass es einst ein Gesellschafterdarlehen war, nicht rechtfertigen.
Die durch das MoMiG erfolgte eindeutige insolvenzrechtliche Zuordnung der Problematik der Gesellschafterdarlehen hat zur Folge, dass die Vorschriften über die Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen auch für im EU-Ausland gegründete Kapitalgesellschaften über deren Vermögen in Deutschland das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet worden ist, gelten.
Hinweis
Für die Anfechtungsmöglichkeit des Insolvenzverwalters kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob es sich bei dem Darlehen um ein eigenkapitalersetzendes Darlehen handelt. Entscheidend ist einzig und allein die Rückzahlung im letzten Jahr vor der Antragsstellung der Insolvenz. Sollte ein Gesellschafter daher beabsichtigen, seinen Geschäftsanteil zu verkaufen, sollte dies zukünftig durch einen Verkauf des Anteils zusammen mit dem der Gesellschaft gewährten Darlehen gegen eine entspr. Anpassung des Kaufpreises erfolgen. Alternativ müsste er sich das Darlehen von der Gesellschaft zurückzahlen lassen und ein Jahr seit der Tilgung bis zum Verkauf abwarten. Nur so kann die Gefahr einer Rückerstattungspflicht umgangen werden, wenn der Käufer das Unternehmen im ersten Jahr nach der Übernahme in die Insolvenz führt. Nach einer neueren Entscheidung des BGH ist jedoch unklar, ob die Altgesellschafter durch das Mitverkaufen der Darlehensforderungen wirklich vor einer Anfechtung des Insolvenzverwalters sicher sind. Immerhin geht der BGH weiterhin von einer Finanzierungsfolgenverantwortung der Gesellschafter aus.
Beispielfall
A ist Alleingesellschafter einer GmbH und hat der Gesellschaft ein Darlehen i.H.v. 2 Mio. EUR gewährt. Nun will er das sehr gesunde Unternehmen an B verkaufen. Kurz vor dem Verkauf an B wird das Darlehen durch die Gesellschaft getilgt. B zahlt an den A einen Kaufpreis von 2,5 Mio. EUR. Jedoch wirtschaftet B in der Folge schlecht und stellt zehn Monate nach dem Unternehmenskauf den Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wird eröffnet und der Insolvenzverwalter fordert nun von A die Rückgewähr des getilgten Darlehens.
Lösung des Beispielfalles
Nach § 135 InsO ist jede Darlehensrückzahlung, die innerhalb des letzten Jahres vor dem Eröffnungsantr...