§ 10 Recht der Kapitalgesellschaften / a) Unwirksamkeitsgründe

Rz. 444

Ein Kapitalerhöhungsbeschluss kann aus den verschiedensten Gründen nichtig sein.^[1472] Zunächst sind die Gründe zu beachten, die allgemein zur Nichtigkeit von Satzungsänderungen führen können, z.B. Ladungsfehler (zu Fehlern allgemein bei Gesellschafterbeschlüssen vgl. Rdn 373 f.). Darüber hinaus bestehen für Kapitalerhöhungen weitere spezielle Nichtigkeitsgründe.

Gem. § 57j Satz 2 GmbHG ist eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nichtig bei disproportionaler Verteilung der neuen Geschäftsanteile auf die Gesellschafter. Weitere Nichtigkeitstatbestände finden sich in §§ 57n Abs. 2 Satz 4, 58a Abs. 4 Satz 2, 58e Abs. 3, 58f Abs. 2 GmbHG bei zu später Eintragung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung bzw. -herabsetzung.

Rz. 445

Auch Verstöße bei der Bildung der Geschäftsanteile führen zur Nichtigkeit der fehlerhaften Beschlüsse.^[1473] Gem. § 55 Abs. 4 GmbHG müssen im Kapitalerhöhungsbeschluss die Nennbeträge der neu gebildeten Geschäftsanteile den Mindestvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 GmbHG entsprechen. Durch den Verweis in § 55 Abs. 4 GmbHG auf das Gründungsrecht sind dessen Vorschriften für die Rechtsfolge unzulässig gebildeter Geschäftsanteile maßgebend.^[1474]

Fraglich ist, ob die unzulässige Bildung eines Geschäftsanteils zur vollständigen Nichtigkeit eines Kapitalerhöhungsbeschlusses führt. Besteht ein Beschluss aus mehreren Entscheidungsgegenständen und beschränkt sich die Fehlerhaftigkeit auf einzelne Entscheidungsgegenstände, wendet die h.M. § 139 BGB an.^[1475] Ob bei einer Kapitalerhöhung durch Bildung neuer Geschäftsanteile nach § 139 BGB nur die Nichtigkeit des Zulassungsbeschlusses angenommen wird, hängt letztlich davon ab, ob die konkrete Kapitalerhöhung selbst oder nur die Verteilung des Erhöhungsbetrages auf die einzelnen Übernehmer gegen § 5 Abs. 3 GmbHG verstößt. Bei einer Kapitalerhöhung durch Aufstockung vorhandener Geschäftsanteile hingegen muss bereits der Kapitalerhöhungsbeschluss alle hierzu erforderlichen Angaben enthalten.^[1476] Bei einer fehlerhaften Aufstockung i.R.d. Euroumstellung ist daher zumindest wohl der gesamte Kapitalerhöhungsbeschluss nichtig.^[1477]

Rz. 446

Heilungsmöglichkeiten für den Fall, dass das Stammkapital durch die festgesetzte Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile nicht vollständig gedeckt ist, sind eine Kapitalherabsetzung nach § 58 GmbHG, die Aufstockung von Anteilen oder die Schaffung neuer Nennbeträge von Geschäftsanteilen durch eine Satzungsänderung und deren Übernahme analog § 55 Abs. 1 GmbHG.^[1478]

[1472] Vgl. dazu ausführlich Meyer-Panhuysen, Die fehlerhafte Kapitalerhöhung, 2003; zur Teilnahme eines Scheingesellschafters an einer Kapitalmaßnahme Schnorbus, ZGR 2004, 126; zu Folgen der Nichtigkeit einer Kapitalerhöhung für nachfolgende Kapitalerhöhungen Zöllner, FS Hadding, S. 725 ff.; zur Heilung und Reparatur Temme/Küperkoch, GmbHR 2004, 1556.

[1473] Scholz/Veil, GmbHG, § 5 Rn 29; Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, § 5 Rn 12. Wicke, GmbHG, § 5 Rn 8 hingegen sieht die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft für anwendbar mit einer Wirksamkeitsfiktion bis zur Geltendmachung des Mangels.

[1474] Vgl. Rowedder/Pentz/Schnorbus, GmbHG, § 55 Rn 67.

[1475] Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, Anh. § 47 Rn 25; Noack/Servatius/Haas/Noack, GmbHG, Anh. § 47 Rn 78; vgl. a. BGH, 25.1.1988 – II ZR 148/87, NJW 1988, 1214; OLG München, 24.3.1993 – 7 U 3550/92, AG 1993, 283, 284.

[1476] Rowedder/Pentz/Schnorbus, GmbHG, § 55 Rn 16; Scholz/Priester/Tebben, GmbHG, § 55 Rn 25.

[1477] Vgl. Heckschen/Heidinger/Blath, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 10 Rn 243, sowie insgesamt zur Euroumstellung Heidinger, ebd., Kap. 12.

[1478] Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, § 5 Rn 13.