Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 132
Mit DiRUG und DiREG sind nun gesetzliche Rahmenbedingungen für die Vornahme virtueller notarieller Beurkundungen und Beglaubigungen im Handels- und Gesellschaftsrecht geschaffen. Das Augenmerk liegt hierbei insbesondere auf der Aufrechterhaltung der hohen Standards notarieller Beurkundungsverfahren.
(1) Notarielle Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation
Rz. 133
Zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie sieht der neue § 16a BeurkG mit Blick auf die Ermöglichung der Online-Gründung der GmbH die Option der notariellen Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation vor. Hierzu muss zwingend das von der BNotK nach § 78p BNotO betriebenen Videokommunikationssystem, welches eine Gleichwertigkeit zu einem Präsenzverfahren sicherstellen soll, genutzt werden.
(2) Öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen
Rz. 134
§ 40a BeurkG ermöglicht die öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen mittels Videokommunikation durch Notarinnen und Notare und damit die Online-Einreichung von Handelsregisteranmeldungen sowie auf gleichem Wege die Eintragung von Zweigniederlassungen.
Rz. 135
Mit der Neufassung des § 12 Abs. 1 Satz 2 HGB in der Form der DiREG ist die öffentliche Beglaubigung mittels Videokommunikation gem. § 40a BeurkG generell und rechtsformunabhängig zulässig. Dies gilt selbst für Online-Beglaubigungen von nicht registrierten Gesellschaften, etwa bei der Online-Beglaubigung von Anmeldungen im Zusammenhang mit Umwandlungen. Erfasst sind Anmeldungen zum Genossenschafts- und Partnerschaftsregister und seit 1.8.2023 auch zum Vereinsregister.
(3) Einrichtung eines sicheren, manipulationsresistenten und zuverlässigen Videokommunikationssystems
Rz. 136
Unabdingbar für die Urkundstätigkeit mittels Videokommunikation ist die Installation eines sicheren, manipulationsresistenten und zuverlässigen Videokommunikationssystems. Die Aufgabe zum Betrieb eines solchen Videokommunikationssystems wird durch § 78p Abs. 1 BNotO der BNotK übertragen. Neben der technischen Abwicklung der Videokommunikation zwischen den Notaren und den Beteiligten soll der Betrieb des Videokommunikationssystems gem. § 78p Abs. 2 Nr. 2 BNotO unter anderem und insbesondere die technische Durchführung eines elektronischen Identitätsnachweises nach § 16c Satz 1 BeurkG ermöglichen. Nur so können Notarinnen und Notare Beurkundungen mittels Videokommunikation unter gleichzeitiger Erfüllung ihrer Amtspflichten und besonders der sicheren Identifizierung der Beteiligten vornehmen (vgl. § 10 BeurkG).
Rz. 137
Kann sich der Notar auf virtuellem Wege keine Gewissheit über die Person eines Beteiligten verschaffen oder hat er Zweifel an der erforderlichen Rechtsfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten, soll er gem. § 16a Abs. 2 BeurkG die Beurkundung mittels Videokommunikation jedoch ablehnen.
Darin liegt zwar nach Ansicht der Lit. ein "Systembruch", da die Urkundsgewährpflicht gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 BnotO für die Videobeurkundung anders als für die Präsenzbeurkundung ausgestaltet ist. Es soll nach Gesetzesbegründung aber dafür sorgen, dass trotz der erwünschten Erleichterungen stets die Qualität und Sicherheit notarieller Beurkundungsverfahren aufrechterhalten werden soll – im Zweifel durch einen "Rückschritt" zu den altbewährten Verfahren.
(4) Feststellung der Beteiligten mittels Videokommunikation
Rz. 138
Gem. § 16c BeurkG erfolgt die Feststellung und Identifizierung der Beteiligten durch Auslesen des Lichtbilds aus dem Chip des Personalausweises und den anschließenden Abgleich mit dem Erscheinungsbild der Beteiligten im Wege der Videokommunikation.
Die Vorschrift ist ebenfalls 1.8.2022 in Kraft getreten, wurde aber noch vor ihrem Inkrafttreten durch das DiREG dahingehend ausgeweitet, dass auch elektronische Identifizierungsmittel, von Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Onlineverfahren genutzt werden können.
Rz. 139
Diese Methodik gewährleistet durch zweistufige Identifizierung ein ähnliches Sicherheitsniveau wie das Präsenzverfahren.
(5) Zulässige Dateiformate
Rz. 140
Neben dem bis zum 1.8.2022 zugelassenen elektronischen Format kann die Einreichung von Dokumenten im Zuge von Handelsregisteranmeldungen künftig auch in einem "maschinenlesbaren und durchsuchbaren Datenformat" erfolgen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 HGB).
Laut der Entwurfsbegründung (S. 96) bleibt es den Landesregierungen überlassen, entsprechend der Ermächtigung in § 8a Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB, die Einzelheiten zu den Dateiformaten der zu übermittelnden Dokumente zu regeln. Es muss lediglich sichergestellt sein, dass die jeweiligen Dateiformate maschinenlesbar und durchsuchbar sind. Strukturierte Datensätze im Dateiformat XML seien dafür nicht zwingend erforderlich, ausreichend wären bspw. auch durchsuchbare Dateien im PDF-Format, insbesondere auch dann, wenn diese durch einen Scan von originären Papierunterlagen mittels einer Texterkennungssoftware (OCR) erstellt werden. Unschädlich sei dabei auch, wenn Daten, die nicht für die Maschinenlesbarkei...