Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 229
Die Willensbildung der Gesellschaft findet grds. in einer Versammlung der Gesellschafter statt. Diese kann sowohl in physischer Anwesenheit der Gesellschafter (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GmbHG) als auch virtuell stattfinden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG); alternativ kommt die Beschlussfassung außerhalb der Gesellschafterversammlung im Umlaufverfahren in Betracht (§ 48 Abs. 2 GmbHG). Für die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung können in der Satzung insb. Regelungen zu Zuständigkeit und Verfahren der Einberufung sowie Einberufungspflichten getroffen werden. Einigkeit besteht darüber, dass die Satzung die Fristen für die Einberufung verlängern, weitere Einberufungsgründe aufstellen und den Kreis der zur Einberufung berechtigten Personen erweitern kann. Das Mindestquorum für die Einberufung durch eine Gesellschafterminderheit i.H.v. 10 % des Stammkapitals (§ 50 Abs. 1 GmbHG) kann die Satzung nicht zulasten der Minderheit erhöhen, sondern nur herabsetzen.
Werden dagegen die Anforderungen an die Einberufung herabgesetzt, ist zu beachten, dass das Teilnahmerecht der Gesellschafter an der Versammlung als unverzichtbares Mitgliedschaftsrecht nicht unangemessen verkürzt bzw. erschwert werden darf. Inwieweit die Satzung vom Erfordernis einer Einberufung durch eingeschriebenen Brief befreien kann, ist umstritten, zunehmend wird aber die Zulässigkeit anderer Kommunikationsmittel befürwortet, sofern ein Zugang – und damit die Möglichkeit der Wahrnehmung des Teilnahmerechts durch die Gesellschafter – gewährleistet ist. Wird von Erleichterungen Gebrauch gemacht, wird jedoch im Streitfall ein Nachweis über die ordnungsgemäße Einberufung häufig scheitern. Das Erfordernis der Ankündigung der Tagesordnung ist hingegen unverzichtbar.
Rz. 230
Ebenso sind Regelungen zur Ausgestaltung des Teilnahmerechts an den Gesellschafterversammlungen möglich. Grds. hat jeder Gesellschafter ein Teilnahmerecht, das auch durch einen Stimmrechtsausschluss nicht beeinträchtigt wird. Da das Teilnahmerecht zu den unverzichtbaren Mitgliedschaftsrechten der Gesellschafter gehört, ist seine Einschränkung durch die Satzung jedoch nur soweit möglich, wie dieser unverzichtbare Kernbereich der Mitgliedschaft nicht betroffen wird. Damit kann nur die Ausübung des Teilnahmerechts in der Satzung geregelt werden. Eine Klausel, die die Teilnahme im Endeffekt verhindert oder auf eine Person beschränkt, auf die der Gesellschafter keinen Einfluss hat, ist daher nichtig.
Allerdings ist es grds. zulässig, die Ausübung des Teilnahmerechts durch einen (gemeinsamen) Vertreter anstelle des Gesellschafters vorzuschreiben (Vertreterklausel). Dies empfiehlt sich v.a. bei mehreren Mitberechtigten an einem Gesellschaftsanteil i.S.d. § 18 GmbHG (z.B. Erbengemeinschaft). Ebenso kann bei mehreren gesetzlichen oder organschaftlichen Vertretern das Teilnahmerecht auf nur einen Vertreter beschränkt werden. In allen übrigen Fällen ist ein sachlicher Grund für eine Klausel erforderlich, mit der das Teilnahmerecht des Gesellschafters auf die Ausübung durch einen Vertreter beschränkt und der Gesellschafter selbst von der Ausübung ausgeschlossen wird. Nach h.M. ist auch der generelle Ausschluss eines Gesellschafters, der gleichzeitig an einem Konkurrenzunternehmen beteiligt ist, von der Teilnahme an der Gesellschafterversammlung (Ausschlussklausel) nicht zulässig. Solche Gesellschafter-Wettbewerber können allerdings ohne Satzungsgrundlage im Einzelfall von der Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn der Verhandlungsgegenstand eine Beeinträchtigung des gemeinsamen Interesses durch eine treuwidrige Informationsverwertung nahelegt. Eine Satzungsbestimmung, die darüber hinausgehend den Gesellschafter von Versammlungen ausschließen soll, kann nur in Form einer Vertreterklausel erfolgen.
Die Satzung kann auch gerade die höchstpersönliche Teilnahme und Stimmrechtsausübung fordern und so das Recht der Gesellschafter, sich durch einen Dritten vertreten zu lassen, einschränken. Solche Beschränkungen sind häufig bei Familiengesellschaften erwünscht, um Dritte nicht in die Gesellschaft eindringen zu lassen. Häufig wird indes übersehen, dass solche Klauseln die Flexibilität enorm einschränken. Gerade in der Zeit der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie haben sich derartige Beschränkungen und die fehlende Abstimmung der Satzungsklauseln, die die Vertretungsmöglichkeiten beschränken, mit den Regelungen in (Vorsorge-)Vollmachten als nachteilig erwiesen. Das Teilnahmerecht kann durch die Satzung aber auch ausgedehnt werden, sodass neben dem Gesellschafter ein oder mehrere Vertreter oder gesellschaftsfremde Dritte, wie z.B. Berater, an der Gesellschafterversammlung teilnehmen dürfen.
Rz. 231
Als sinnvoll können sich Satzungsregelungen über das Procedere der Versammlung, z.B. die Bestimmung eines Versammlungsleiters (Ältester, Gesellschafter mit der größten Beteiligung, Los etc.) erweisen.
Häufig bestimmt die Satzung,...