Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1800
Die Gesellschaft kann nach § 221 AktG den Vorstand für längstens fünf Jahre ermächtigen, Wandelschuldverschreibungen auszugeben. Notwendig hierfür ist ein Beschluss der Hauptversammlung, § 221 Abs. 1 Satz 2 AktG. Dieser bedarf mindestens einer ¾-Kapitalmehrheit und ist daher wegen § 130 Abs. 1 Satz 3 AktG stets notariell zu beurkunden. Vorstand und Aufsichtsrat haben den Beschluss sowie eine Erklärung über deren Ausgabe beim Handelsregister zu hinterlegen (§ 221 Abs. 2 Satz 2 AktG). Eine Pflicht zur Eintragung im Handelsregister besteht nicht.
Rz. 1801
Es handelt sich um Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern oder der Gesellschaft ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird. Wandelschuldverschreibungen verbriefen typischerweise das Recht auf Rückzahlung des Nennbetrages nach Ende der Laufzeit und werden bis dahin regelmäßig verzinst. Ein variabler Zinssatz, aber auch Zero-Bonds sind zulässig. Bei der Wandelanleihe oder Wandelschuldverschreibung kommt das Recht der Gläubiger dazu, die Schuldverschreibung zu einem bestimmten Zeitpunkt in Aktien umzutauschen. Der Umtausch kann von weiteren Zahlungen abhängig gemacht werden.
Rz. 1802
Zulässig sind nach § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG auch Wandelanleihen mit einem Wandelungsrecht für die Gesellschaft (Wandelanleihen mit Wandelungspflicht (s.o. Rdn 1760 ff.). Der Beschluss der Hauptversammlung über die Ermächtigung solcher Wandelanleihen mit Wandelungspflicht ist wegen der erforderlichen ¾-Kapitalmehrheit nach §§ 221 Abs. 1 Satz 2, 130 Abs. 1 Satz 3 AktG ebenso beurkundungspflichtig.
Rz. 1803
Daneben gibt es sog. Optionsanleihen oder Optionsschuldverschreibungen. Neben dem Anspruch auf Rückzahlung und Verzinsung erhält hier der Berechtigte die Befugnis, innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu einem bestimmten Preis eine bestimmte Menge Aktien der Gesellschaft zu erwerben. I.d.R. werden diese Optionsrechte gesondert verbrieft und mit dem Recht ausgestattet, von einem bestimmten Zeitpunkt an von der eigentlichen Optionsschuldverschreibung getrennt übertragen zu werden.
Rz. 1804
Wandel- oder Optionsanleihen sind ein beliebtes Finanzierungsinstrument. Dem Anleger wird eine gesicherte Festverzinsung und Rückzahlbarkeit gewährt. Zusätzlich erhält er das Recht, durch Ausübung des Umtausch- oder Optionsrecht günstig Aktien zu erwerben bzw. das Optionsrecht zu veräußern. Die AG kann wegen des spekulativen Aspekts einen unter den sonstigen Marktbedingungen liegenden Zinssatz wählen und damit günstig Fremdkapital erhalten.
Rz. 1805
Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen werden üblicherweise mit einem bedingten Kapital (§ 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG), ggf. auch mit einem genehmigten Kapital (§§ 202 ff. AktG) unterlegt. Daneben besteht die Möglichkeit – soweit vorhanden –, eigene Aktien gem. § 71 AktG zu verwenden. Auch eine reguläre Kapitalerhöhung kommt in Betracht, bei der dann die für die ausgegebenen Anleihen benötigten Aktien von einem Treuhänder übernommen werden.
Rz. 1806
Gewinnschuldverschreibungen dienen ebenso der Beschaffung von Fremdkapital. Zusätzlich zum Recht auf Rückzahlung gewähren sie ein Recht, das mit den Gewinnanteilen der Aktionäre in Verbindung steht.
Rz. 1807
Wandel- und Optionsanleihen sowie Gewinnschuldverschreibungen dürfen nach § 221 Abs. 1 AktG nur aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlusses ausgegeben werden. Eine Satzungsänderung ist damit nicht verbunden. Der Beschluss kann dabei auf die bloße Ermächtigung des Vorstands (längstens 5 Jahre, § 221 Abs. 2 AktG), aber auch auf dessen Verpflichtung zur Ausgabe der Anleihe gerichtet sein. Der Beschluss bedarf einer qualifizierten Kapitalmehrheit (§ 221 Abs. 1 Satz 2 AktG) und muss daher zwingend notariell beurkundet werden (§ 130 Abs. 1 AktG). Die Satzung kann eine andere Kapitalmehrheit bestimmen. Zusätzlich erforderlich ist die einfache Stimmenmehrheit nach § 133 Abs. 1 AktG. Für den Inhalt des Beschlusses enthält das Gesetz keine Vorgaben. Notwendiger Inhalt ist die Angabe der Art der Anleihe und des Gesamtnennbetrages. Ebenso anzugeben ist, ob für den Vorstand eine bloße Ermächtigung und wenn ja, wie lange oder eine Verpflichtung zur Ausgabe der Anleihe besteht. Auf Wandel- oder Optionsanleihen haben die Aktionäre ein Bezugsrecht. Die Hauptversammlung kann das Bezugsrecht ausschließen (§ 221 Abs. 4 AktG). Es gelten die allgemeinen Grundsätze. Ein solcher Bezugsrechtsausschluss ist auch zulässig, wenn nach § 221 Abs. 2 AktG der Vorstand lediglich zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen ermächtigt wird. Es gelten die vom BGH in der Siemens-Nold-Entscheidung aufgestellten Regeln. Weiter kann die Hauptversammlung den Optionspreis oder das Umtauschverhältnis selbst festlegen sowie die übrigen Anleihebedingungen (Laufzeit, Zinssatz, Ausgabebetrag etc.) festsetzen. In der Praxis sind detaillierte Vorgaben die Regel, da diese für das im Allgemeinen benötigte bedingte Kapital erforderlich sind (§ 193 Abs. 2 AktG). Bei Gewinnschuldverschreibungen m...