Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 60
Das Grundmodell des sog. Hin- und Herzahlens besteht darin, dass der zur Bareinlage Verpflichtete eine Einlage erbringt und ihm diese als Darlehen nach mehr oder weniger kurzer Zeit wieder zurückgewährt wird. Diese Vorgehensweise findet sich nicht nur i.R.d. Kapitalaufbringung, sondern ist auch bei Kapitalerhöhungsvorgängen zu beobachten. Als Gegenleistung für die Bareinlage wird also ein nicht sacheinlagefähiger Gegenstand eingebracht, weshalb der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage begrifflich nicht verwirklicht wird.
Für solche Fälle des Hin- und Herzahlens bestimmt § 19 Abs. 5 GmbHG, dass die wirtschaftlich als Rückgewähr der Einlage zu betrachtende Zahlung an den Gesellschafter, die nicht als verdeckte Sacheinlage i.S.d. § 19 Abs. 4 GmbHG zu beurteilen ist, die Erfüllung der Bareinlageverpflichtung bewirkt, wenn die Zahlung an den Gesellschafter durch einen liquiden, vollwertigen Rückzahlungsanspruch gedeckt ist und weitere Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. dazu nachstehend Rdn 61). Somit gilt nun auch im Bereich der Kapitalaufbringung eine bilanzielle Betrachtungsweise, was als Schwächung des Systems der Kapitalaufbringung kritisiert wurde. Sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. 5 GmbHG eingehalten, ist es für die Gründer durchaus legitim, die Bareinlage für eine Sekunde einzuzahlen und diese dann als Darlehen zurückzuerhalten. Statt einer Einlageleistung bzw. Einlageforderung erhält die Gesellschaft im Gegenzug lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückgewähr der Darlehensvaluta. Gesetzlich nicht geregelt ist, wie diese Forderungen gesichert sind. Da die Darlehensforderung an die Stelle der Bareinlage tritt, sind die §§ 30 ff. GmbHG anzuwenden.
aa) Voraussetzungen der Erfüllungswirkung
Rz. 61
Zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter muss eine Vereinbarung über die Rückgewähr der Leistung an den Gesellschafter getroffen worden sein, welche zivilrechtlich wirksam sein muss. Der Inhalt der Vereinbarung wurde ebenfalls nicht als regelungswürdig erachtet, entscheidend ist lediglich, dass aufgrund dieser Vereinbarung die Einlage an den Inferenten zurückfließt. Wurde die Einlagenrückgewähr nicht bereits bei der Gründung vereinbart und erfolgt sie nach der Eintragung der Gesellschaft, ergibt sich die Zulässigkeit dieses Vorgehens aus § 30 Abs. 1 GmbHG. Es besteht keine Verpflichtung des Inferenten, die Einlage erneut zu erbringen. Wird die Einlage jedoch unmittelbar nach der Einzahlung und ohne vorherige Abrede faktisch als Darlehen zurückgezahlt und bestand bereits vorher die Absicht zur Einlagenrückgewähr, kommt § 19 Abs. 5 GmbHG mit seinen strengeren Voraussetzungen zur Anwendung, nicht jedoch § 30 Abs. 1 GmbHG. Sind die strengeren Voraussetzungen erfüllt, wird bei einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Einlageleistung und Rückgewähr eine Vorabsprache vermutet. Bei normalen Umsatzgeschäften kann die Vermutung aber entfallen oder zumindest unter erleichterten Voraussetzungen widerlegt werden.
Ein tatsächliches Hin- und Herzahlen ist erforderlich, d.h. eine bloße Verrechnung des Darlehensauszahlungsanspruchs mit der Einlageforderung ohne effektiven Zahlungsfluss käme einer verdeckten Sacheinlage gleich und wäre aus Gläubigerschutzgründen nicht ausreichend.
Die Fälle der verdeckten Sacheinlage werden allerdings nicht von § 19 Abs. 5 GmbHG erfasst werden; insoweit ist § 19 Abs. 4 GmbHG vorrangig. Die Abgrenzung der beiden Fallgruppen gestaltet sich manchmal schwierig, da die Auszahlung an den Gesellschafter gegen Begründung einer Darlehensforderung nicht zwangsläufig bedeutet, dass keine verdeckte Sacheinlage gegeben ist. Entscheidend für das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage und damit die Anwendbarkeit des § 19 Abs. 4 GmbHG sollte daher die entgeltliche Zuwendung eines dem Gesellschafter gehörenden Vermögensgegenstandes sein. Die Gesellschaft erhält also im Falle der verdeckten Sacheinlage anstelle der Bareinlage (auf Dauer) einen sacheinlagefähigen Vermögensgegenstand, während die Bareinlage im Falle des § 19 Abs. 5 GmbHG durch eine gegen den Gesellschafter gerichtete Darlehensforderung ersetzt wird.
Bedeutung erlangt § 19 Abs. 5 GmbHG daher hauptsächlich in den Fällen, in denen die Gesellschaft dem Gesellschafter aufgrund einer Absprache eine Geldeinlage im Wege eines Neudarlehens direkt wieder auszahlt, insb. bei der Kapitalaufbringung im sog. Cash-Pool.
Ferner muss der Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter vollwertig und jederzeit fällig sein. Das bedeutet, dass der Rückgewähranspruch entweder liquide ist oder mit sofortiger Wirkung durch die GmbH, z.B. durch fristlose Kündigung, fällig gestellt werden kann. Die Vollwertigkeit des Anspruchs ist anhand der Vermögenssituation des Gesellschafters zu prüfen, wobei die Bewertung rein bilanz...