Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 703
Nach § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG führt eine verdeckte Sacheinlage nicht zur Erfüllung der Einlageverpflichtung. Es wird aber der objektive Wert der verdeckt eingelegten Sacheinlage auf die Geldeinlageverpflichtung (automatisch) angerechnet (§ 27 Abs. 3 Satz 3 AktG). Die dingliche Übertragung des verdeckt eingelegten Sacheinlagegegenstandes ist wirksam (§ 27 Abs. 3 Satz 2 AktG). § 27 Abs. 3 Satz 4 AktG legt den Zeitpunkt der Anrechnung auf die Eintragung oder eine evtl. spätere Überlassung des Sacheinlagegegenstands fest. Davon zu unterscheiden ist der Zeitpunkt der Bewertung. Dies ist an sich der Wert des Vermögensgegenstandes zum Zeitpunkt der Überlassung an die Gesellschaft, frühestens aber der Zeitpunkt des Zugangs der Handelsregisteranmeldung bei Gericht. (§ 27 Abs. 3 Satz 3 und 4 AktG).
Damit beschränkt sich die Haftung des betreffenden Gesellschafters nur noch auf den Differenzbetrag, um den der Wert des eingebrachten Vermögensgegenstands den Nennbetrag der übernommenen Aktien (jedoch einschließlich korporatives Agio) unterschreitet. Die Beweislast für die Werthaltigkeit trägt der Aktionär (§ 27 Abs. 3 Satz 5 AktG). Diesem Risiko kann durch ein Wertgutachten begegnet werden.
Rz. 704
Bei Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage befreit die Anrechnung nicht von der Einlageverpflichtung. Daher kann der Vorstand bei der Handelsregisteranmeldung nicht wahrheitsgemäß die nach § 37 Abs. 1 Satz 1 AktG notwendige Versicherung abgeben. Tut er dies, macht er sich nach § 399 Abs. 1 Nr. 1 AktG strafbar. Der Notar muss hierüber belehren. Ungeachtet dieser Strafbarkeit bleibt es bei der Anrechnung auch dann, wenn die Sacheinlagevorschriften vorsätzlich umgangen werden. Weiter ist davon auszugehen, dass trotz dieser Anrechnungslösung die zivilrechtliche Haftung des Beraters bleibt, der eine verdeckte Sacheinlage empfiehlt. Erkennt der Registerrichter die verdeckte Sacheinlage, muss er die Eintragung nach § 38 AktG ablehnen.
Rz. 705
Diese Anrechnungslösung des § 27 Abs. 3 Satz 3 AktG. gilt auch bei einer verdeckten gemischten Sacheinlage. Es erfolgt die Anrechnung "von oben nach unten": Der Wert des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstandes ist zunächst von den von der Gesellschaft zusätzlich zu erbringenden Leistungen abzuziehen und erst dann von der Einlageforderung. Andernfalls würde unberücksichtigt bleiben, dass die Gesellschaft in der Höhe der von ihr zusätzlich erbrachten Leistung den Vermögensgegenstand selbst finanziert und dies wegen des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung nicht zugunsten des Gesellschafters berücksichtigt werden darf. Probleme entstehen, wenn das Volumen des Sachgeschäfts die Einlageleistung des Inferenten übersteigt. Nach Ansicht des BGH kommt hier eine Anwendung der §§ 30, 31 GmbH (§ 57 AktG) in Betracht. Nach a.A. ist die Schutzlücke im Wege der Differenzhaftung zu schließen.
Rz. 706
Fehlerhafte Festsetzungen können analog zu den im GmbH-Recht entwickelten Lösungen zur Heilung einer verdeckten Sacheinlage auf das Aktienrecht übertragen werden. Erforderlich ist eine Satzungsänderung, mit der die anfängliche Bareinlage in eine Sacheinlage unter Beachtung der Sacheinlagevorschriften, insb. der Werthaltigkeitsprüfung umgewandelt wird. Da das Einlagegeschäft wirksam ist (§ 27 Abs. 3 AktG), ist keine neue Einlageleistung zu begründen. Vielmehr ist im satzungsändernden Beschluss die Einbringung der ursprünglich verdeckt geleisteten Sacheinlage und die Rechtsfolge des § 27 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 AktG festzustellen. Die Satzungsänderung als auch die Handelsregisteranmeldung muss i.Ü. alle für eine Sacheinlage notwendigen Angaben enthalten. Dies ist unproblematisch, solange die AG noch nicht im Handelsregister eingetragen ist. Auch nach Eintragung der AG im Handelsregister ist aber eine solche Heilung sinnvoll. Wegen der Anrechnungslösung des § 27 Abs. 3 AktG sind zwar die gravierendsten Folgen einer verdeckten Sacheinlage bereits vom Gesetz wegen beseitigt. Der Vorteil einer solchen Heilung ist, dass die Pflichtwidrigkeit der Handelnden im Verhältnis zur Gesellschaft entfällt und dass die Beweislastumkehr des § 27 Abs. 3 Satz 5 AktG nicht mehr greift. Auch Unklarheiten im Hinblick auf das Stimmrecht werden vermieden (s. dazu unten Rdn 711). Die Strafbarkeit wegen der falschen Handelsregisteranmeldung bleibt jedoch bestehen.