Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 188
Für den Satzungssitz regelt § 4a GmbHG, dass sich dieser im Inland befinden muss. Weitere Anforderungen an die örtliche Lage gibt es nicht mehr. Anders als nach früherem Recht muss sich der Satzungssitz damit nicht mehr an einem Ort befinden, an dem die Gesellschaft einen Betrieb hat, an dem sich die Geschäftsleitung befindet oder die Verwaltung geführt wird. Früher (bis 2008) drohte der Gesellschaft die Auflösung von Amts wegen, wenn sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz an einen anderen Ort ohne Betrieb, Geschäftsleitung oder Verwaltung verlegt hat bzw. die Verweigerung ihrer Eintragung ins Handelsregister, wenn dies von Anfang an so war.
Der Gesetzgeber des MoMiG wollte es den deutschen Gesellschaften mit der Änderung des § 4a GmbHG insbesondere ermöglichen, ihren Verwaltungssitz nicht nur an einem vom Satzungssitz verschiedenen Ort im Inland, sondern auch im Ausland zu haben. Dies ergibt sich zwar nicht eindeutig aus dem Wortlaut des § 4a GmbHG, aber aus der Gesetzesbegründung. Damit soll der Spielraum deutscher Gesellschaften erhöht werden, ihre Geschäftstätigkeit auch ausschließlich im Rahmen einer (Zweig-)Niederlassung, die alle Geschäftsaktivitäten erfasst, außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets zu entfalten.
Als Sitz kann auch ein inzwischen eingemeindeter Ortsteil bestimmt werden, wenn dieser für den Rechtsverkehr nach wie vor individualisierbar ist.
Rz. 189
Ein Doppelsitz ist nur unter hohen Anforderungen möglich. Die gegen die Möglichkeit eines Doppelsitzes angeführte Problematik des Handelsregistervollzugs ist aber lösbar.
Rz. 190
Verlegt werden kann der Satzungssitz nur, indem die Satzung geändert und dies in das Handelsregister eingetragen wird. Die Sitzverlegung wird nach § 54 Abs. 3 GmbHG erst mit Eintragung wirksam.
Einer GmbH ist es nicht möglich ihren Satzungssitz durch Sitzverlegung ins Ausland zu verlegen oder dort unmittelbar zu begründen; eine Verlegung des Satzungssitzes führt damit zwingend zu einem Rechtsformwechsel. Der grenzüberschreitende Formwechsel durch Verlegung des Satzungssitzes ins EU-/EWR-Ausland ist vom Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit (Artt. 49, 54 AEUV) umfasst und darf durch den Herkunftsstaat nicht pauschal verhindert oder durch Auflösung sanktioniert werden. Die grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes darf vom Herkunftsstaat nicht davon abhängig gemacht werden, dass im Zielstaat unternehmerische Aktivität entfaltet oder auch der Verwaltungssitz dorthin verlegt wird. Eine Satzungssitzverlegung ins EU-/EWR-Ausland ist mittelbar auch in der Weise möglich, dass eine grenzüberschreitende Verschmelzung vorgenommen wird. Voraussetzung dafür ist aber, dass mindestens zwei aus verschiedenen EU-/EWR-Mitgliedstaaten stammende Gesellschaften sich verschmelzen, also muss im Zielstaat bereits eine verschmelzungswillige Gesellschaft vorhanden sein. Ggf. müsste daher im Zielstaat vor der grenzüberschreitenden Verschmelzung eine Gesellschaft gegründet werden, auf die dann verschmolzen werden könnte. Für die deutschen Gesellschaften ist die grenzüberschreitende Verschmelzung in den §§ 122a ff. UmwG geregelt.
EU-Auslandsgesellschaften, deren Gründungsstaat aufgrund der dort geltenden Gründungstheorie eine derartige Verlagerung des Verwaltungssitzes erlaubt, war es aufgrund der EuGH-Rspr. ("Überseering", "Inspire Art") bereits bisher rechtlich gestattet, ihren effektiven Verwaltungssitz in einem anderen Staat – also auch in Deutschland – zu wählen. Diese Auslandsgesellschaften sind in Deutschland als solche anzuerkennen. Im Verhältnis zu Drittstaaten bleibt es hingegen bei der Anwendung der Sitztheorie, sodass solchen Gesellschaften bei Verlagerung ihres Verwaltungssitzes nach Deutschland die Anerkennung versagt bleibt, sofern sie nicht aufgrund staatsvertraglicher Regelungen Niederlassungsfreiheit genießen.
Die Satzung muss gem. § 10 GmbHG nur eine Festlegung zum Satzungssitz enthalten. Der Praxis ist aber zu empfehlen, den Verwaltungssitz ebenfalls zum Satzungsgegenstand zu machen. Die Kenntnis des Verwaltungssitzes ist für die Gesellschafter von großer Bedeutung. Jedenfalls die Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland sollte daher nur mit satzungsändernder Mehrheit, ggf. mit Zustimmung aller oder einzelner Gesellschafter möglich sein.
Gem. § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG muss jede GmbH eine inländische Geschäftsanschrift im Handelsregister eintragen lassen. Um die Zustellung an die GmbH weiter zu vereinfachen, kann die Gesellschaft auch einen Zustellungsbevollmächtigen mit inländischer Anschrift in das Handelsregister eintragen lassen (§ 10 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Weder die inländische Geschäftsanschrift noch ein Zustellungsbevollmächtigter sind jedoch Satzungsbestandteile.