Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 354
Das Stimmrecht kann durch Bevollmächtigte ausgeübt werden. Die Satzung kann allerdings den Kreis derjenigen, die bevollmächtigt werden können, begrenzen (vgl. Rdn 230). Unwiderruflichen, das Stimmrecht des Vollmachtgebers verdrängenden Stimmrechtsvollmachten steht das Verbot der Stimmrechtsabspaltung entgegen. Zulässig sind "unwiderrufliche" Vollmachten nach wohl h.M. hingegen, wenn ein Widerruf aus wichtigem Grund möglich ist oder die Vollmacht bei Beendigung des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts endet.
Die Stimmrechtsvollmacht muss zumindest in Textform erteilt werden (§ 47 Abs. 3 GmbHG). Die Einhaltung der Textform ist nach h.M. Wirksamkeitsvoraussetzung. Eine Berufung auf die fehlende Form kann allerdings treuwidrig sein, wenn allen Gesellschaftern die formlos erteilte Vertretungsmacht bekannt war und kein Gesellschafter der Stimmabgabe durch den Vertreter widersprochen hat. Wenn ein Bevollmächtigter die Vollmacht in der Gesellschafterversammlung nicht nachweist, braucht er weder zur Teilnahme noch zur Abstimmung zugelassen zu werden. Nicht selten sind allerdings (Vorsorge-)Vollmachten nicht mit den Regelungen der Satzung abgestimmt und stehen dann gerade der Wahrnehmung des Stimmrechts durch die in der Vollmacht benannte Person entgegen.
Rz. 355
Eine Vollmachtserteilung ist auch mit Wirkung über den Tod des Vollmachtgebers hinaus möglich. Einem Widerruf einer postmortalen Vollmacht durch die Erben kann nach h.M. durch die Ausgestaltung der Vollmacht als unwiderruflich vorgebeugt werden, wobei die vorgenannten Anforderungen an eine unwiderrufliche Vollmacht zu beachten sind. Insbesondere steht dem Vollmachtgeber bzw. den Erben immer auch das Recht zur persönlichen Ausübung des Stimmrechts zu, da eine verdrängende Vollmacht nicht zulässig ist. Die Ausübung des Stimmrechts durch die Erben selbst kann nur durch einen Stimmrechtsverzicht der Erben in den rechtlich zulässigen Grenzen verhindert werden.
Rz. 356
Die Stimmabgabe durch einen vollmachtlosen Vertreter setzt zunächst voraus, dass der Vertreter überhaupt zur Teilnahme und Stimmabgabe zugelassen wurde. Ist dies der Fall, kann der vertretene Gesellschafter die Wirksamkeit der Stimmabgabe gem. §§ 180 Satz 2, 177 BGB durch Genehmigung herbeiführen. Zwar handelt es sich bei der Stimmabgabe um ein einseitiges Geschäft i.S.d. § 180 Satz 1 BGB. Die Stimmabgabe ist jedoch i.S.v. § 180 Satz 2 BGB der GmbH gegenüber zu erklären und damit genehmigungsfähig. Dies gilt ebenso bei Satzungsänderungen oder bei der Einpersonen-GmbH. Hingegen ist eine Nachgenehmigung einer Einmann-Gründung ausgeschlossen (dazu bereits Rdn 14).