Dr. Heribert Heckschen, Dr. Christoph Löffler
Rz. 1870
In der Praxis am häufigsten anzutreffen ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung gem. §§ 229 ff. AktG. Der wesentliche Unterschied zur ordentlichen Kapitalherabsetzung besteht darin, dass keine Verpflichtung zur Sicherheitsleistung nach § 225 AktG besteht (§ 229 Abs. 3 AktG). Weiter kann der vereinfachten Kapitalherabsetzung rückwirkende Wirkung nach § 234 AktG beigemessen werden. Eine Rückwirkung kann auch für eine gleichzeitig mit der Kapitalherabsetzung beschlossene Kapitalerhöhung vereinbart werden (§ 235 AktG).
aa) Übersicht
Rz. 1871
bb) Muster: Beschluss über die vereinfachte Kapitalherabsetzung
Rz. 1872
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Muster 10.31: Beschluss über die vereinfachte Kapitalherabsetzung
1. |
Das Grundkapital der Gesellschaft von 100.000,00 EUR, eingeteilt in 100.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien, wird um 50.000,00 EUR auf 50.000,00 EUR herabgesetzt. Die Herabsetzung erfolgt nach den Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung zum Zweck des Verlustausgleichs. |
2. |
Die Kapitalherabsetzung erfolgt durch Zusammenlegung der Aktien im Verhältnis 2:1. |
3. |
Der Vorstand wird ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrates die Einzelheiten der Durchführung der Kapitalherabsetzung zu bestimmen. |
4. |
§ _________________________ der Satzung wird wie folgt geändert: "Das Grundkapital beträgt 50.000,00 EUR." |
cc) Inhalt
Rz. 1873
Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist nur zu den in § 229 Abs. 1 AktG genannten Zwecken statthaft, d.h. zum Ausgleich von Wertminderungen und zur Deckung sonstiger Verluste sowie zur Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage. Im Beschluss ist festzusetzen, dass die Herabsetzung zu diesen Zwecken stattfindet (§ 229 Abs. 1 Satz 2 AktG). Ebenso ist ausdrücklich anzugeben, dass eine "vereinfachte Kapitalherabsetzung" angestrebt wird.
Rz. 1874
Voraussetzung für die Zulässigkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung ist nach § 229 Abs. 2 AktG, dass vorhandene Rücklagen zunächst aufgelöst werden. Gewinnrücklagen sind vollständig aufzulösen (§ 229 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die gesetzliche Rücklage sowie die Kapitalrücklage sind nur insoweit aufzulösen, als diese zusammen 10 % des nach der Herabsetzung verbleibenden Grundkapitals übersteigen. Schließlich darf auch kein Gewinnvortrag mehr vorhanden sein (§ 229 Abs. 2 Satz 2 AktG). Die Auflösung der Rücklagen erfolgt durch entsprechende Umbuchungen. § 150 Abs. 4 AktG gilt nicht. Ein Hauptversammlungsbeschluss ist nur erforderlich, soweit die Auflösung der Rücklagen der Hauptversammlung vorbehalten ist. Die durch Rücklagenauflösung gewonnenen Beträge dürfen dann nach den §§ 230, 231 AktG nur zweckgerichtet verwendet werden. Eine Kapitalherabsetzung zur Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage ist nach § 231 AktG nur in eingeschränktem Umfang zulässig. Die Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage darf zusammen 10 % des herabgesetzten Grundkapitals nicht übersteigen.
Rz. 1875
Die Voraussetzungen des § 229 Abs. 2 AktG (Auflösung der Rücklagen) sind im Registerverfahren nachzuweisen. Es genügt, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die die Feststellungen der Gesellschaft vertretbar erscheinen lassen (Plausibilitätskontrolle). Die Aufstellung einer zeitnahen Zwischenbilanz wird zwar häufig erforderlich sein, um den Verlust zu ermitteln. Entgegen einer registergerichtlichen Praxis ist die Vorlage einer förmlich festgestellten und testierten Bilanz nicht erforderlich.
Rz. 1876
Für den Hauptversammlungsbeschluss über die vereinfachte Kapitalherabsetzung gelten die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung entsprechend (§ 229 Abs. 3 AktG). Ggf. sind Sonderbeschlüsse erforderlich. Auch die weitere Abwicklung der vereinfachten Kapitalherabsetzung geschieht nach denselben Regeln wie die ordentliche Kapitalherabsetzung. Auf die obigen Ausführungen kann verwiesen werden.
Hinweis
Von Bedeutung ist die Frage der Rückbeziehung der Kapitalherabsetzung sowie ggf. einer gleichzeitig beschlossenen Kapitalerhöhung (§§ 234, 235 AktG). Eine solche rückwirkende Kapitalherabsetzung mit gleichzeitiger Erhöhung des Grundkapitals erfolgt i.d.R. zum Zweck der Sanierung von Gesellschaften, sog "Kapitalschnitt". Entscheidend hierfür ist, dass
Dies ist dem Urkundsnotar nachzuweisen (§ 235 Abs. 1 Satz 3 AktG).
Rz. 1877
Im Fall der Rückbeziehung darf der Jahresabschluss erst bekannt gemacht werden, wenn die Eintragung der Kapitalherabsetzung und ggf. der gleichzeitigen Kapitalerhöhung im Handelsregister erfolgt ist (§ 236 AktG).